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Schlichtungseinrichtung im Verein
von Dr. Lukas Fantur | 15. Dezember 2008
Verein: Mit Fragen der vereinsinternen Schlichtungseinrichtung nach dem Vereinsgesetz hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer aktuellen Entscheidung zu befassen.
Einige Aussagen daraus:
Schlichtungseinrichtung im Verein
Die Statuten eines Vereins müssen vorsehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind.
Sofern das Verfahren vor der Schlichtungseinrichtung nicht früher beendet ist, steht für Rechtsstreitigkeiten nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung der ordentliche Rechtsweg offen (§ 8 Absatz 1 Vereinsgesetz).
Schlichtungseinrichtung im Verein – umfassende Zuständigkeit
Eine Regelung in Vereinsstatuten, wonach das Vereinsschiedsgericht „für die Entscheidung über Streitfälle, die sich aus dem Vereinsverhältnis ergeben“ zuständig ist, kann nur in dem vom Gesetzgeber gedachten Sinn einer umfassenden Zuständigkeit verstanden werden, die für alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander gilt, sofern diese mit dem Vereinsverhältnis im Zusammenhang stehen.
Schlichtungseinrichtung im Verein für Streit über Beschlüsse zuständig
Auch die zu klärende Wirksamkeit bekämpfter Beschlüsse ist eine Auseinandersetzung, die typischerweise ohne Verbundenheit des Vereinsmitglieds mit dem Verein nicht denkbar ist.
Die Ansicht, wonach die Gültigkeit der Willensbildung der Generalversammlung keine Vereinsstreitigkeit darstellen kann, widerspricht den Intentionen des Gesetzgebers.
Keine Beschränkung der Schlichtungseinrichtung im Verein
Eine Einschränkung der Zuständigkeit der Schlichtungseinrichtung auf bestimmte Vereinsangelegenheiten ist nicht (mehr) zulässig.
Eine gegen die Grundsätze des Fair Trial nach Artikel 6 der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK) verstoßende Regelung über die Besetzung des Vereinsschiedsgerichts ist nichtig.
Schlichtungseinrichtung im Verein – Besetzung
Um einen Beschluss wirksam zu bekämpfen, ist die Schlichtungseinrichtung rechtzeitig anzurufen, um im Falle des Unterliegens fristgerecht den ordentlichen Rechtsweg beschreiten zu können.
Quelle: OGH 1.10.2008, 6Ob179/08d (Verein – Schlichtungseinrichtung)
Anmerkung für die Praxis:
Der ordentliche Rechtsweg steht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung offen. Gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse können jedoch nur binnen eines Jahres nach Beschlussfassung gerichtlich angefochten werden (§ 7 Vereinsgesetz). Die rechtzeitige Anrufung der Schlichtungseinrichtung kann daher bereits entscheidend sein.
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