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Direkthaftung des GmbH-Geschäftsführers bei strafbaren Handlungen gegenüber Gläubigern der GmbH
von Dr. Lukas Fantur | 10. Februar 2019
Wer bei Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer gegen die Gläubiger der GmbH gerichtete strafbare Handlungen begeht, haftet diesen persönlich für ihren Schaden. Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.
Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofs:
Direkthaftung des Geschäftsführers
Die Gläubiger einer GmbH, die für ihre Forderungen im Vermögen der GmbH keine oder keine zureichende Deckung gefunden haben, können den Geschäftsführer
- nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, den Ihnen
- dieser durch schuldhafte Verletzung eines gerade oder auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetzes
zugefügt hat.
Veruntreuung von Fremdgeldern
In folgenden Fällen liegt keine Veruntreuung von Fremdgeldern vor:
- Wenn ein Betrag in das freie Vermögen der GmbH übergeht. Dies ist insbesondere beim Darlehen der Fall.
- Das gleiche trifft (grundsätzich, siehe unten) auch für Anzahlungen und Vorauszahlungen zu
In solchen Fällen liegt jedoch Veruntreuung und damit Strafbarkeit vor:
- Wenn die Anzahlung den Zweck hat, dass der Verkäufer sich den Gegenstand erst besorgt, weil diesfalls ein kommissionsähnliches Verhältnis vorliegt
- Wenn die Gelder zur Erfüllung ganz bestimmte Aufgaben übergeben werden, das gilt etwa für
- Architekt, der mit den Geldern Professonisten bezahlen soll
- bei Kommission-und Inkassogeschäften
- bei der Einkaufskommission. Hier sind die Gelder als auch die gekauften Waren dem Kommissär dem Kommissionär anvertraut.
- Wenn der Handwerker, der Geld zum Kauf von Materialien erhalten hat.
Konstellation im Anlassfall des OGH
Im gegenständlichen Fall hatte der Geschäftspartner der GmbH das Geld zur Verfügung gestellt, um damit die vom Geschäftspartner bestellten Waren beim Lieferanten zu bezahlen. Es bestand eine Vereinbarung der Klägerin mit der Gesellschaft, dass die Gesellschaft Waren einkaufen und diese dann mit entsprechenden Provisionsaufschlag an die Klägerin weiter verkaufen sollte.
Die Klägerin leistete Zahlungen auf dem Konto, dessen Guthaben zur Abwicklung dieser Kommissionsgeschäfte dienen sollte. Die GmbH hatte die Gelder deshalb ganz spezifisch zu verwenden.
Stattdessen investierte die GmbH die Gelder in andere Projekte. Die GmbH wurde insolvent.
Die beklagten Geschäftsführer wurden gegenüber der Gläubigerin im Wege der Direkthaftung zum Schadenersatz verurteilt.
Quelle: OGH 31.08.2018, 6Ob75/18z
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in WienIch bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit dem GmbH-Recht.
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