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Unvertretbarer Vertragsrücktritt der GmbH: Direkthaftung des Geschäftsführers gegenüber dem Vertragspartner der GmbH
von Dr. Lukas Fantur | 17. Februar 2019
Neue OGH-Entscheidung zur Geschäftsführerhaftung gegenüber Geschäftspartnern der GmbH.
Direkthaftung des Geschäftsführers
Das sind die Aussagen des Obersten Gerichtshofs zusammengefasst:
- Einen Geschäftsführer, der einen Vertragspartner der GmbH vorsätzlich sittenwidrig schädigt, trifft eine Dritthaftung gegen den Vertragspartner.
- Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer durch sein Handeln oder Unterlassen den Abschluss oder die Erfüllung eines von der GmbH geschlossenen Vertrages vereitelt und den Gläubiger dadurch vorsätzlich schädigt.
- Für den Schadenersatzanspruch des Vertragspartners der GmbH genügt bedingter Vorsatz des Geschäftsführers.
Direkthaftung des Geschäftsführers – Anlassfall
Das war der Anlassfall, den der OGH zu beurteilen hatte:
Am 4.3.2015 unterbreitete eine Konzerngesellschaft der (damals noch nicht gegründeten) Klägerin gegenüber der erstbeklagten GmbH, die vom Zweitbeklagten als Alleingeschäftsführer vertreten wird, ein unwiderrufliches Kaufanbot betreffend eine Liegenschaft in Wien 22 zum Kaufpreis von 1.035.000 EUR. Dieses Anbot wurde „im Namen einer noch zu benennenden und/oder zu gründenden Gesellschaft (Anbotstellerin)“ abgegeben.
Unberechtigter Vertragsrücktritt
Am 5.3.2015 nahm der Geschäftsführer namens der GmbH das Kaufanbot an. Der Kaufvertrag wurde von ihr in der Folge jedoch nicht unterfertigt. Mit Schreiben vom 19.3.2015 erklärte der Geschäftsführer einen unberechtigten Vertragsrücktritt „weil die Konventionalstrafe von 50.000 EUR nicht erlegt worden sei“.
Die Klägerin begehrte, den Geschäftsführer aus dem Titel des Schadenersatzes zur ungeteilten Hand mit der ebenfalls beklagten GmbH zur Zahlung von 704.225,76 EUR sA zu verurteilen. Der geltend gemachte Schaden beziehe sich auf entgangenen Gewinn aus dem beabsichtigten Wohnbauprojekt sowie auf frustrierte Aufwendungen in Vorbereitung dieses Projekts.
Direkthaftung des Geschäftsführers wegen sittenwidriger Schädigung
Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorisntanzen. Der Geschäftsführer hat demnach für den entgangenen Gewinn und die frustrierten Aufwendungen der Klägerin aus der sittenwidrigen Schädigung im Sinn des § 1295 Abs 2 ABGB einzustehen.
Quelle: OGH 27.11.2018, 4 Ob 222/18 b
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsbereich GmbH-Recht, Autor zahlreicher Publikationen zum GmbH-Recht und Herausgeber der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht.
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