« Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Vereinsbeschlüssen | Home | Verbotene Einlagenrückgewähr im Verhältnis zu Dritten (gegenüber Nichtgesellschaftern) »
Schlüssige Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
von Dr. Lukas Fantur | 10. Dezember 2023
Der Oberste Gerichtshof hatte die schlüssige (stillschweigende) Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Lebensgefährten zu beurteilen.
Wann kann man von einer schlüssigen Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgehen?
Das sind die Kernaussagen des Obersten Gerichtshofs:
Die schlüssige Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfordert die Vereinbarung einer, wenn auch losen, Gemeinschaftsorganisation, die jedem Partner gewisse konkrete Einwirkungs– oder
- Mitwirkungsrechte
gibt.
Dazu gehören gesellschaftstypische Absprachen, etwa über
- die laufende Verwaltung oder
- die Verwertung im Falle der Trennung und
- die Vermögensauseinandersetzung.
Für die Annahme einer schlüssigen Gesellschaftsgründung genügt es nicht, dass zwei Personen am Eintritt eines bestimmten Erfolgs interessiert sind oder dass sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Lebensgemeinschaft
Im Zusammenhang mit einer Lebensgemeinschaft ist die konkludente Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts überhaupt nur dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die keinen Zweifel an der Absicht darüber aufkommen lassen, dass sich die Lebensgefährten über den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einig gewesen sind.
Es muss nach der Rechtsprechung eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation zwischen den Beteiligten vereinbart sein, die jedem Partner gewisse konkrete Einwirkungsrechte oder Mitwirkungsrechte gibt
Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Darum ging es im konkreten Fall
Die Lebensgefährten hatten ein in ihrem Hälfteeigentum stehendes Wohnhaus errichtet. Der Hausbau diente der gemeinsamen Wohnversorgung der Familie gedient und ging über diesen einer Lebensgemeinschaft üblichen Zweck nicht hinaus. Es gab keinen darüber hinausgehenden Zweck und keine für eine Gesellschaft charakteristischen bindenden und durchsetzbaren Organisationsstrukturen.
Quelle: OGH 21.04.2023, 8 Ob 27/23p
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien. Langjähriger hauptsächlicher Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das Gesellschaftsrechtrecht, konkret die Beratung und Vertretung im Gesellschafterstreit.
- Lebensgemeinschaft als stillschweigende Gesellschaft bürgerlichen Rechts
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Haftung von Gesellschaftern für Vertragsverletzungen der Gesellschaft
- Geltendmachung von Forderungen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
- Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
- Gesellschafter-Ausschluss bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Außengesellschaft
- Willensbildung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Themen: Gesellschaft bürgerlichen Rechts | 0 Kommentare »