« Verrechnungskonto bei GmbH: Darlehen an Gesellschafter nicht anerkannt | Home | Privatstiftung: Prüfung von Konzernabschluss »
Klagsführung des Kommanditisten zugunsten der Gesellschaft – actio pro socio
von Dr. Lukas Fantur | 22. Juli 2009
- Sozialansprüche
- Geltendmachung von Sozialansprüchen
- Klage eines Gesellschafters – actio pro socio
- Actio pro socio: Voraussetzungen für Unterlassungsanspruch
- Umgehung der Generalversammlung
- Durchsetzung der Kompetenzordnung
- GmbH & Co KG – Kommanditgesellschaft
- Klagsrecht der Kommanditisten
- Ungewöhnliche Geschäfte
- Über den Autor
- Kommentare (1)
Mit Fragen der Rechts zur Klagsführung von Kommanditisten zugunsten der Kommanditgesellschaft hatte sich der Oberste Gerichtshof zu befassen.
Aus der Entscheidung:
Sozialansprüche
Der einzelne Gesellschafter hat gegenüber der Gesellschaft sowohl Individualverpflichtungen (aus der Sicht der Gesellschaft sogenannte „Sozialansprüche„) als auch Individualansprüche.
Sozialansprüche der Gesellschaft können auch Unterlassungsansprüche sein.
Geltendmachung von Sozialansprüchen
Diese Ansprüche kann auch jeder einzelne Gesellschafter im eigenen Namen geltend machen. Sie bestehen gegenüber der Gesamtheit der Gesellschafter, sodass – von Ausnahmen abgesehen – Leistung an die Gesellschaft verlangt werden muss.
Die Geltendmachung derartiger Sozialansprüche steht also zunächst der Gesellschaft selbst zu, wobei diese von den geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschaftern (bzw Geschäftsführern) vertreten wird, die zur Geltendmachung verpflichtet sind.
Klage eines Gesellschafters – actio pro socio
Es kann aber auch ein einzelner Gesellschafter unabhängig davon, ob er geschäftsführungs– oder vertretungsbefugt ist, Sozialansprüche der Gesellschaft gegen einen anderen Gesellschafter im eigenen Namen als actio pro socio geltend machen und Leistung an die Gesellschaft begehren.
Actio pro socio: Voraussetzungen für Unterlassungsanspruch
Nach herrschender Ansicht ist ein mittels actio pro socio durchsetzbarer Unterlassungsanspruch eines Gesellschafters gegeben, sofern der Unterlassungsanspruch nicht nur auf die Verhinderung
- sorgfaltswidriger, sondern
- infolge Verletzung innergesellschaftlicher Zuständigkeiten kompetenzwidriger
Geschäftsführungsmaßnahmen gerichtet ist.
Umgehung der Generalversammlung
Beruft die Geschäftsführung bei geplanten Kompetenzüberschreitungen die Gesellschafterversammlung gleich gar nicht ein und besteht für die übergangenen Gesellschafter – etwa infolge einzuhaltender Ladungsfristen – auch nicht die Möglichkeit der rechtzeitigen Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung, wäre ein einzelner Gesellschafter ohne mittels actio pro socio durchsetzbarem Unterlassungsanspruch rechtlos gestellt bzw auf Schadenersatzansprüche beschränkt.
Durchsetzung der Kompetenzordnung
Zudem kann ein auf die Durchsetzung der Kompetenzordnung gerichteter Unterlassungsanspruch als mögliches milderes Mittel gegenüber der Auflösungs- oder Ausschließungsklage gesehen werden; ebenso ist eine Sicherung dieses Anspruchs zulässig.
GmbH & Co KG – Kommanditgesellschaft
Diese Ausführungen treffen auch auf die GmbH & Co KG zu.
Gemäß § 164 Unternehmensgesetzbuch (UGB) sind zwar die Kommanditisten von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen, sie können aber einer Handlung der unbeschränkt haftenden Komplementärgesellschaft bzw deren Geschäftsführer(in) widersprechen, wenn diese Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Kommanditgesellschaft hinausgeht.
Nur Maßnahmen, die der gewöhnliche Betrieb des Unternehmens der Kommanditgesellschaft mit sich bringt, fallen in die Geschäftsführungsbefugnisse der Komplementärgesellschaft bzw deren Geschäftsführerin (§ 116 Abs 1 iVm § 161 Abs 2 UGB).
Klagsrecht der Kommanditisten
Den Kommanditistinnen der Kommanditgesellschaft steht demnach gegen kompetenzwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen die actio pro socio zu, mit der sie Ansprüche der Kommanditgesellschaft gegen die GmbH als Komplementärin der Kommanditgesellschaft erfolgreich geltend machen können.
Ungewöhnliche Geschäfte
Ob sich eine Handlung auf den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes bezieht oder ob ein außergewöhnliches Betriebsgeschäft vorliegt, ist nach den Gegebenheiten des Betriebs im Einzelfall zu beurteilen.
Zu den ungewöhnlichen Geschäften gehören alle Maßnahmen, die nach ihrem Inhalt, ihrem Zweck oder ihrer Tragweite (insbesondere deren Umfang) über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen.
Nach § 116 Abs 2 UGB ist für derartige Maßnahmen ein (einstimmiger) Beschluss aller Gesellschafter erforderlich. Sowohl § 116 Abs 1 als auch Abs 2 UGB sind vertraglich abänderbar (dispositiv).
Stellt eine Maßnahme ein über den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft hinausgehendes Geschäft dar, das aufgrund der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Regelungen von der Geschäftsführungskompetenz der Erstbeklagten ausgenommen ist und der Abstimmung aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung bedarf, steht den Kommanditisten bei Fehlen eines Gesellschafterbeschlusses ein vertraglicher Anspruch auf Unterlassung zu.
Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Gesellschafter mittels actio pro socio jedoch nur Leistung an die Gesellschaft, nicht aber an sich selbst verlangen.
Quelle: OGH 26.02.2009, 1Ob192/08d
Über den Autor
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Spezialgebiet Gesellschaftsrecht und Gesellschafterstreit. Über mich.
- Kontrollrecht des Kommanditisten – gerichtliche Durchsetzung
- Kommanditanteil: Übertragung durch Verschmelzung des Kommanditisten mit einer Kapitalgesellschaft
- Informationsanspruch eines bereits ausgeschiedenen Kommanditisten
- Gesellschafter-Haftung für Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens und Kommunalsteuer EU-widrig
- Kommanditist-Gewinnanteil: Anspruch auf Auszahlung
- Vermächtnis eines Kommandtitanteils – Vorsorge im Gesellschaftsvertrag
- Gesellschafterbeschluss bei Personengesellschaft – Geltendmachung der Nichtigkeit
- Mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse bei einer Personengesellschaft
- Informationsanspruch eines bereits als Gesellschafter ausgeschiedenen Kommanditisten
- Kommanditist: unbeschränkte Haftung für Kommunalsteuer
Themen: Gesellschafterstreit, Kommanditgesellschaft | 1 Kommentar »
23. Oktober 2009 um 09:40
Fachliteratur zur Entscheidung: Hochedlinger, GesRZ 2009, 296 (Entscheidungsanmerkung)