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Entlastung der Geschäftsführer
von Dr. Lukas Fantur | 3. Januar 2010
Handbuch Geschäftsführerhaftung: mit Vorstandshaftung
Entlastung – Was ist das?
Unter der Entlastung ist die einseitige Erklärung der GmbH zu verstehen, mit der sie ihre Geschäftsführer von Schadenersatzansprüchen befreit, die aus Verstößen der Geschäftsführer erwachsen könnten.
Folgen der Entlastung
Durch die Erklärung der Entlastung der Gesellschaft wird der Geschäftsführer von allen Ansprüchen frei, die der Gesellschaft bei sorgfältiger Prüfung aller Unterlagen, als aus Verstößen des Geschäftsführers erwachsen, erkennbar waren.
Lediglich dann, wenn die Verstöße aus den vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar waren oder diese unvollständig waren, führt die Entlastung nicht zur Haftungsbefreiung.
Entlastung – Beweislast der Gesellschaft
Es liegt an der GmbH zu beweisen, dass ausnahmsweise die Entlastung nicht zur Haftungsbefreiung geführt habe.
Es ist nicht ausreichend, nur auf die mangelnde Kenntnis zu verweisen, vielmehr muss von der GmbH auch behauptet und bewiesen werden müssen, dass der Verstoß zum Zeitpunkt der Entlastung nicht erkennbar gewesen sei.
Quelle: OGH 04.08.2009, 9ObA149/08i
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Haupttätigkeitsbereich GmbH-Recht.
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Themen: Geschäftsführerhaftung | 11 Kommentare »
6. April 2011 um 09:47
Siehe auch OGH 16.02.1011, 7Ob143/10w
5. September 2013 um 18:56
Sehe ich es richtig, dass mit der Abberufung eines GF aufgrund einer Kündigung durch den GF selbst, nicht automatisch eine Entlastung verbunden ist.
13. September 2013 um 13:58
Richtig. Eine Entlastung erfordert einen eigenen Gesellschafterbeschluss.
26. Mai 2014 um 10:36
Wie erfolgt dann die Entlastung der Geschäftsführer einer GmbH, die auch Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der GmbH sind? In diesem Fall würden die gleichen natürlichen Personen agieren (einmal als Vertreter der Alleingesellschafterin, die den Geschäftsführern der Tochter die Entlastung erteilen). Welche der folgende Alternativen wäre anzuwenden, bzw. wie wäre dir richtige Vorgangsweise?
1) Bei Vorhandensein eines Prokuristen bei der Alleingesellschafterin, vertritt dieser gemeinsam mit einem GF – die Personenidentität liegt daher bei der Willensbildung nicht vor. Wie verhält es sich jedoch, wenn der Prokurist als Angestellter weisungsgebunden ist?
2) Die GF der Alleingesellschafterin erteilen einem Dritten Vollmacht (nicht Weisungsgebundenen), sie in einer Generalversammlung zu vertreten.
3) Die GF vertreten die Alleingesellschafterin ganz normal – sie vertreten nur die Alleingesellschafterin, welche selbst ja nicht Geschäftführerin der Tochter ist.
29. Mai 2014 um 20:08
Das sind spannende Fragen, die hier aufgeworfen werden. In der Fachliteratur äußert sich Harrer wie folgt: Der einzige Gesellschafter könne sich selbst als Geschäftsführer nicht entlasten. Seine Geschäftsführungstätigkeit sei jedoch als durch Gesellschafterbeschluss gedeckt anzusehen.
Mit Verweis auf deutsche Literatur führt Harrer weiter aus, dass überwiegend angenommen werde, dass sich der einzige Gesellschafter auch dann nicht entlasten kann, wenn eine Geschäftsführungstätigkeit in einem Zeitraum entfaltet hat, in welchem weitere Gesellschafter vorhanden waren. Ein Verzicht sei jedoch (nach Maßgabe der §§ 25 Abs 7, 10 Abs 6 GmbHG) möglich.
Quelle: Harrer in Gruber/Harrer (Hrsg), Kommentar zum GmbHG, § 35 Rz 25 und FN 56.
18. Februar 2017 um 12:32
Vielen Dank für Ihren Artikel, nun ist mir jedoch nicht klar was passiert wenn er nicht entlastet wird. Was wenn sich der GF einen Porsche kauft und die Gesellschafter damit nicht einverstanden sind ? Wie läuft das dann ab ?
Hat ein Gesellschafter ein Anspruch gegenüber der GmbH wenn sicher der Geschäftsführer falsch verhält ?
19. Februar 2017 um 11:49
Wenn der Geschäftsführer nicht entlastet wurde, kann die Gesellschaft den Geschäftsführer weiterhin wegen Schadenersatz in Anspruch nehmen. Dies innerhalb der Verjährungsfristen. Soll ein solcher Ersatzanspruch verfolgt werden, ist gesetzliche Voraussetzung, dass zuerst ein Gesellschafterbeschluss gefasst wird, dass die Ersatzansprüche geltend gemacht werden.
Grundsätzlich hat nur die GmbH einen Anspruch auf Schadenersatz gegen einen Geschäftsführer, der sich pflichtwidrig verhalten hat. Die Gesellschafter haben im Normalfall keinen direkten Anspruch.
Nur in Ausnahmefällen, die hier nicht erörtert werden können, kann es zu einem Direktanspruch kommen. Ein Beispiel ist etwa der Fall, der hier nachgelesen werden kann:
http://www.gmbhrecht.at/geschaftsfuhrerhaftung/fehlinvestments-neue-gesellschafter/
26. November 2018 um 22:58
Ich bin GF und mehrheitlicher Gesellschafter mit 60 %. Der zweite Nur-Gesellschafter ( mit 40%) schlägt eine Entlastung des GF vor. Ich hab im Grunde genommen natürlich nichts dagege. Da ich aber aktiver Gesellschafter-Geschäftsführer bin habe ich dann kein Stimmrecht, so könnte der Nur-Gesellschafter seinen Unmut über die Geschäftspolitik durchsetzen und alleine mit seiner Stimme die Entlastung verweigern. Welche folgen hätte so eine Verweigerung für mich als GF in Zukunft?
27. November 2018 um 13:15
Sehr geehrter User,
die Frage wurde bereits mit oben stehendem Kommentar (Nr. 7) beantwortet.
10. Juni 2020 um 10:19
…ist eine bedingte Entlastung des GF in Ö auch möglich? (Finde nur digitale Hinweise auf dt.Rechtslage.)
Besten Gruß,
M
PS: Schlage sicher zumindest wöchentlich etwas nach auf Ihrer Homepage! Vielen Dank für dieses reichhaltige Verzeichnis.
10. Juni 2020 um 14:37
Eine “bedingte Entlastung” als solche ist mir nicht bekannt.
Was man machen kann, sind aufschiebend bedingte Gesellschafterbeschlüsse. Dann schreibt man in den Beschluss hinein, dass dieser zum Beispiel erst dann wirksam wird, wenn ein bereits ins Auge gefasster Abtretungsvertrag zwischen dem Gesellschafter X und dem Gesellschafter Y ebenfalls errichtet und wirksam wird.
Was die Entlastung betrifft, so kann ein Entlastungsbeschluss aber „eingeschränkt“ erfolgen. Dann wird der Gesellschafter beispielsweise für das gesamte Geschäftsjahr 2019 entlastet. Es wird aber gleichzeitig im Beschluss festgehalten, dass von dieser Entlastung bestimmte Ansprüche bzw. Sachverhalte ausgenommen sind: zB allfällige Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer wegen erfolgter verdeckter Gewinnausschüttungen (Einlagenrückgewähr) oder für bestimmte, ihm in einem bereits anhängigen Gerichtsverfahren vorgeworfene und dort bereits dargelegte Handlungen.
Danke für das Lob!