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    Anlegerschutz: Meilenstein-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs

    von Dr. Lukas Fantur | 7. Juni 2011

    Anlegerschutz: Vorrang der Prospekthaftung gegenüber dem Verbot der Einlagenrückgewähr

    Das aktienrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr steht der Geltendmachung von Prospekthaftungsansprüchen nicht entgegen.

    Das hat der Oberste Gerichtshof entschieden und beendet damit eineheftige Kontroverse zum Anlegerschutz, aufgrund der jüngsten aktuellen Anlässe zwischen Fachautoren und Rechtsgutachtern entstanden war.

    Anlegerschutz: Aktienrecht ist kein Hindernis für Prospekthaftungsansprüche eines Aktionärs

    Die Berechtigung des Begehrens auf Schadenersatz wegen Verletzung

    hängt grundsätzlich davon ab, ob dem Anlegeschutz  aktienrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, wie etwa das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 52 Aktiengesetz – AktG) oder das Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 65 AktG)

    Entscheidend sind die Wertungen der maßgeblichen Normen, die gegenüber zu stellen sind.

    Anlegerschutz – Kapitalmarktgesetz

    Das Kapitalmarktgesetz will den Anlegerschutz durch

    gewährleisten.

    Die kapitalmarktrechtlichen Normen des Anlegerschutzes schützen also die ausdrücklich so bezeichneten (potentiellen) Anleger durch Normierung von ihnen gegenüber einzuhaltenden Verhaltenspflichten und behandeln den Aktionär somit wie einen Drittgläubiger (zumal Prospekthaftungsansprüche nur neuen Aktionären zustehen können [§ 11 Abs 5 KMG]).

    Gesellschaftsrecht (Aktienrecht)

    Dem gegenüber wird das Verbandsmitglied (Aktionär) im Gesellschaftsrecht als Risikoträger angesehen, dessen Interessen hinter jenen der Drittgläubiger nachrangig sind.

    Anlegerschutz: Vorrang der Prospekthaftungsansprüche

    Unter anderem schafft § 11 Kapitalmarktgesetz somit ein Recht, das Gläubigerrechten zweifellos näher steht als Aktionärsrechten.

    Die als schadenersatzberechtigter Gläubiger erhobenen Prospekthaftungsansprüche und deren Befriedigung stellen daher gar keinen Tatbestand der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG dar, weil sie nicht causa societatis erfolgen.

    Es ist daher auch nicht geboten, die Schadenersatzansprüche des als Drittgläubiger zu behandelnden Aktionärs auf das ausschüttbare Vermögen zu beschränken.

    Prospekthaftung: Keine Ausnahme für Großanleger

    Ein Ausschluss von Prospekthaftungsansprüchen eines Großanlegers oder eines qualifizierten Anlegers, der eine prospektpflichtige Emission zeichnet, ist aber dem Kapitalmarktgesetz nicht zu entnehmen.

    Deshalb bleibt es bei der unbeschränkten Möglichkeit jedes Aktionärs zu bleiben hat, im Kapitalmarktgesetz vorgesehene Schadenersatzansprüche gegen die Aktiengesellschaft geltend zu machen.

    Quelle: OGH 30.03.2011, 7Ob77/10i (Anlegerschutz, GES 2011, 223)

    Über mich

    Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit dem Gesellschaftsrecht, insbesondere mit Aktienrecht.

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    Themen: Aktiengesellschaft, Einlagenrückgewähr - verdeckte Gewinnausschüttung | 3 Kommentare »

    3 Kommentare zu “Anlegerschutz: Meilenstein-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs”

    1. Dr. Lukas Fantur meint:
      19. August 2011 um 04:42

      Zu dieser Entscheidung Krejci, Anlegerschutz des Aktionärs, Kapitalerhaltung und fehlerhafte AG, Der Gesellschafter /GesRZ) 2011, 193

    2. Dr. Lukas Fantur meint:
      22. September 2011 um 11:34

      Weiters zu dieser Entscheidung: Karollus, Neues zur Prospekthaftung (Konkurrenz zum Verbot der Einlagenrückgewähr und zur „fehlerhaften Gesellschaft“, Kausalität des Prospektfehlers für die Disposition des Anlegers, Schadensberechnung und Schadensnachweis), Bank-Archiv 2011, 450.

    3. Dr. Lukas Fantur meint:
      22. Dezember 2011 um 18:56

      Kritisch zu dieser Entscheidung: U. Torggler, Emittentenhaftung: roma locuta und alle Fragen offen, ecolex 2011, 1121

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