« Flexible Kapitalgesellschaft: Ungeahnte Haftungen bei Mitarbeiterbeteiligungen | Home | Abberufung eines Vorstandsmitglieds auf Druck Dritter – damit verbundene arbeitsrechtliche Entlassung bzw. Kündigung »
Nachträgliche Heilung einer verbotenen Einlagenrückgewähr
von Dr. Lukas Fantur | 2. März 2024
Unter welchen Umständen kann eine verbotene Einlagenrückgewähr nachträglich geheilt werden? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Innsbruck zu beschäftigen.
Entscheidung des OLG Innsbruck
Das sind die wichtigsten Aussagen der Entscheidung:
Nachträgliche Gewinne
Dass die Gesellschaft nachträglich Gewinne erwirtschaftet, reicht für die Heilung einer verbotenen Einlagenrückgewähr nicht aus.
Nachträgliche Kapitalmaßnahmen
Auch bewusste Kapitalmaßnahmen – wie Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen – sind für den Rückforderungsanspruch der Gesellschaft grundsätzlich ohne Bedeutung.
Heilung der Einlagenrückgewähr Aufrechnung durch Gesellschaft
Die Gesellschaft kann jedoch nachträglich einen Dividendenanspruch auf den unzulässigen Vermögenstransfer widmen (damit aufrechnen).
Weitere Heilungsmöglichkeiten der Einlagenrückgewähr
Die nachträgliche Heilung einer verbotenen Einlagenrückgewähr ist weiters möglich durch
- Aufrechnung gegen eine Gegenforderung des Gesellschafters durch die Gesellschaft, wenn die Gesellschafterforderung
- unbestritten,
- fällig und
- vollwertig ist;
- nachträgliche Leistung eines Gesellschafterzuschusses;
- nachträgliche Anpassung der unangemessenen Konditionen eines Rechtsgeschäfts samt Beseitigung aller negativen Folgen für die Gesellschaft in der Vergangenheit.
Heiliung der Einlagenrückgewähr Rückzahlung durch Dritten
Die Leistung eines Gesellschaftszuschusses durch einen anderen Gesellschafter heilt den Einlagenrückgewährverstoß grundsätzlich nicht.
Die Zahlung durch einen Dritten führt jedoch dann zur Heilung, wenn dieser vor oder bei der Zahlung von der Gesellschaft die Abtretung des Rückgewähranspruchs gegen den betroffenen Gesellschafter verlangt.
Dasselbe gilt, wenn der Dritte die Rückzahlung leistet, weil er für den Rückgewähranspruch persönlich haftet (insb. als Geschäftsführer).
Quelle: OLG Innsbruck 27.04.2023, 3 R 26/23g = GES 2023, 414
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
- Verbotene Einlagenrückgewähr: Neues zur Formulierung des Klagebegehrens der Gesellschaft
- Verbotene Einlagenrückgewähr durch Darlehensgewährung an Gesellschafter
- Verbotene Einlagenrückgewähr im Verhältnis zu Dritten (gegenüber Nichtgesellschaftern)
- Neues zur Verjährung bei Rückforderungsansprüchen wegen Einlagenrückgewähr
- Kann ein wegen Einlagenrückgewähr beklagter Gesellschafter seine eigenen erbrachten Leistungen entgegenhalten?
- Einlagenrückgewähr: Keine Aufrechnung durch Gesellschafter mit Gegenforderungen
- Verjährung von Einlagenrückgewähr- und Bereicherungsansprüchen
- Übertragung von Geschäftsanteilen: Ein aus dem Gesellschaftsvermögen geleisteter Kaufpreis ist nicht schuldbefreiend
Themen: Einlagenrückgewähr - verdeckte Gewinnausschüttung | 0 Kommentare »