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Insichgeschäft eines GmbH-Geschäftsführers
von Dr. Lukas Fantur | 20. Dezember 2010
Selbstkontrahieren und Doppelvertretung eines GmbH-Geschäftsführers – Entscheidung des Obersten Gerichtshofs:
Begriff des Insichgeschäfts
Insichgeschäfte sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Vertreter rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den von ihm Vertretenen durch Willenserklärung an sich selbst erzeugt, wobei er
- entweder als Vertreter und zugleich auch im eigenen Namen für sich selbst (Selbstkontrahieren) handelt oder
- als Vertreter einer natürlichen oder juristischen Person und zugleich als Vertreter einer anderen natürlichen oder juristischen Person (Doppel- oder Mehrfachvertretung).
Zulässigkeit von Insichgeschäften
Allgemein sind Insichgeschäfte nur insoweit zulässig, als keine Interessenkollision droht und der Abschlusswille derart geäußert wird, dass die Erklärung unzweifelhaft feststeht und nicht unkontrollierbar zurückgenommen werden kann.
Insichgeschäfte sind zulässig, wenn das Geschäft dem Vertretenen
- nur Vorteile bringt,
- keine Gefahr der Schädigung des Vertretenen besteht oder
- dieser einwilligt.
Soweit die Gefahr einer Interessenkollision droht, handelt der Machthaber bei Doppelvertretung ebenso wie bei Selbstkontrahieren im engeren Sinn insoweit ohne Vertretungsmacht.
Verbot von Insichgeschäften für GmbH-Geschäftsführer
Für GmbH-Geschäftsführer gilt ergänzend:
Grundsätzlich verbietet § 25 Abs 4 GmbH-Gesetz einem Geschäftsführer, Insichgeschäfte mit der Gesellschaft einschließlich des Selbstkontrahierens.
Sanierung unzulässiger Insichgeschäfte
Insichgeschäfte des Geschäftsführers können nur durch die (formlose) Zustimmung aller Gesellschafter saniert werden.
Das Insichgeschäft muss von dem gefährdeten Machtgeber entweder durch
- vorher erteilte Einwilligung oder
- durch nachträgliche Genehmigung
gedeckt sein.
Genehmigung des Insichgeschäfts durch alle übrigen Geschäftsführer
Dabei kann diese Zustimmung oder Genehmigung nicht wiederum vom Vertreter erteilt werden. Es müssen – ungeachtet der sonstigen Regelungen der Vertretung – alle übrigen Geschäftsführer zustimmen.
Genehmigung durch Gesellschafter oder Aufsichtsrat
Ist nur ein einziger Geschäftsführer bestellt, dann muss entweder ein allfälliger Aufsichtsrat zustimmen, oder die Gesellschafter selbst müssen die Genehmigung erteilen, wozu allerdings die Einhaltung der für das Zustandekommen von Gesellschaftsbeschlüssen bestehenden Formvorschriften nicht erforderlich ist
Quelle: Oberster Gerichtshof 31.08.2010, 5Ob39/10m
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt GmbH-Recht sowie Herausgeber der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht.
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