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Wann kommt es zur Direkthaftung des Geschäftsführers gegenüber Vertragspartnern (Gesellschaftsgläubigern) der GmbH?
von Dr. Lukas Fantur | 20. Mai 2018
Wann haftet ein Geschäftsführer selbst gegenüber Vertragspartnern bzw. Gläubigern der GmbH? Diese Frage wird immer wieder gestellt. Der Oberste Gerichtshof hat dazu in einer kürzlich ergangenen Entscheidung Stellung genommem.
Direkthaftung des Geschäftsführers
Zur Direkthaftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftsgläubigern kommt es bei
- schuldhafter Verletzung eines Schutzgesetzes zugunsten der Gesellschaftsgläubiger;
- vorsätzlich arglistiger Irreführung;
- erheblichem wirtschaftlichen Eigeninteresse am Zustandekommen des Vertrags;
- Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens bei den Vertragsverhandlungen in besonderem Maße.
Aus den Entscheidungsgründen:
Direkthaftung bei Verletzung von Schutzgesetzen
Die Gläubiger einer GmbH, die für ihre Forderungen im Vermögen der Gesellschaft keine oder keine zureichende Deckung gefunden haben, können den Geschäftsführer der Gesellschaft nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen, den ihnen dieser durch schuldhafte Verletzung eines gerade oder auch zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger erlassenen Gesetzes zugefügt hat.
Direkthaftung des Geschäftsführers bei arglistiger Irreführung
Ebenso kann der Geschäftsführer bei Arglist herangezogen werden.
So etwa ein Geschäftsführer, der durch wissentlich unrichtige Behauptungen über die Vermögenslage der GmbH jemanden dazu veranlasste, der Gesellschaft ein (uneinbringlich gewordenes) Darlehen zu geben und eine (in Anspruch genommene) Bürgschaft zu leisten.
Grobe Fahrlässigkeit des Geschäftsführers reicht für Arglist nicht aus
Für die listige Irreführung ist allerdings rechtswidrige, vorsätzliche Täuschung (zivilrechtlicher Betrug) erforderlich; grobe Fahrlässigkeit reicht zwar nicht aus, wohl aber bedingter Vorsatz.
List setzt ein für die Entstehung des Irrtums (hier des Klägers) vorsätzliches, ja ihn bezweckendes Verhalten des Irreführenden (des Geschäftsführers) voraus.
Die bloße Erkennbarkeit der Ungeeignetheit eines von der Gesellschaft einem Kunden verkauften Geräts erreicht die Schwelle des zivilrechtlichen Betrugs noch nicht.
Direkthaftung des Geschäftsführers bei eigenwirtschaftlichem Interesse
Eine Eigenhaftung des bloß fahrlässig handelnden Geschäftsführers wird nur in bestimmten seltenen Ausnahmefällen angenommen, so etwa, wenn
- der Vertreter ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen eines Vertrags hat oder
- er bei Vertragsverhandlungen in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt.
Das bei jedem Geschäftsführer einer Gesellschaft grundsätzlich vorhandene gewisse eigenwirtschaftliche Interesse, dass das von ihm geführte Unternehmen bestehen bleibt, reicht allerdings für eine Eigenhaftung nicht aus.
Quelle: OGH 28.02.2018, 6 Ob 244/17a
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in WienIch bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit dem GmbH-Recht.
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