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Willensbildung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
von Dr. Lukas Fantur | 21. November 2008
Die Willensbildung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Gegenstand der Entscheidung 1 Ob 267/02z des Obersten Gerichtshofes. Nachfolgend darin festgehaltene Grundsätze:
Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Willensbildung
Gemäß § 1188 ABGB sind „bei der Beratschlagung und Entscheidung“ gesellschaftlicher Angelegenheiten – bei Fehlen einer abweichenden Vereinbarung – die Vorschriften über die Gemeinschaft des Eigentums (§§ 833 bis 842 ABGB) anzuwenden. Gemäß § 833 ABGB kommt der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung
Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Ges. bürgerlichen Rechts sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen.
Dazu gehören ständig wiederkehrende Ausbesserungen oder Instandsetzungsarbeiten einschließlich baulicher Veränderungen kleineren Umfangs.
Die Willensbildung in den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung und der Benützung auf dem Mehrheitsprinzip richtet sich nach dem Verhältnis der Anteile der Teilhaber (Kapitalsmehrheit) an der Ges. bürgerlichen Rechts. Die ordnungsgemäße Mehrheitsbildung im Innenverhältnis verleiht – in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung – überdies die entsprechende Vertretungsmacht für die Ges. bürgerlichen Rechts nach außen.
Aber selbst in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung soll die Minderheit von der Mehrheit nicht gleichsam vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Wichtige (außerordentliche) Maßnahmen
Im Gegensatz dazu sind wichtige Veränderungen im Sinne des § 834 ABGB etwa Maßnahmen, die für die jeweilige Gesellschaft bürgerlichen Rechts wegen des Geschäftsumfangs von außergewöhnlicher Bedeutung sind.
Auch für die Willensbildung der Gesellschafter der Ges. bürgerlichen Rechts als Voraussetzung wichtiger Veränderungen gilt das Mehrheitsprinzip. Vor der Abstimmung muss der Minderheit aber jedenfalls Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
Die Minderheit kann nach § 834 ABGB die Sicherstellung für einen künftigen Schaden verlangen und, wenn eine solche verweigert wird, aus der Ges. bürgerlichen Rechts austreten.
Will die Mehrheit wichtige Veränderungen gegen den Willen der – in der Gemeinschaft verbleibenden und gegen einen künftigen Schaden nicht gesicherten – Minderheit durchsetzen, so muss sie die Zustimmung des Richters im Verfahren außer Streitsachen erwirken.
Der Außerstreitrichter muss dann prüfen, ob die Veränderung vom Standpunkt der Gemeinschaft aus offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist.
Hatte die Minderheit vor einem Mehrheitsbeschluss über die Herbeiführung einer wichtigen Veränderung nicht einmal Gelegenheit zur Äußerung, so ist dieser Beschluss gegenüber der Minderheit jedenfalls rechtsunwirksam.
Quelle: OGH 28.1.2003, 1 Ob 267/02z
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