« Bilanzierung von Rückgewähransprüchen aus verbotener Einlagenrückgewähr | Home | Wenn über die Wirksamkeit einer Anteilsabtretung bei einer GmbH Zweifel bestehen »
Direkteinberufung einer Generalversammlung durch einen Gesellschafter
von Dr. Lukas Fantur | 9. Juli 2021
Nach dem Gesetz ist eine Generalversammlung einer GmbH grundsätzlich von einem Geschäftsführer einzuberufen. Nur in Ausnahmefällen gibt es ein Selbsthilferecht eines Gesellschafters – wenn die Geschäftsführung seinem Verlangen nach einer Einberufung auch nach 14 Tagen noch nicht nachgekommen ist.
Regelung im Gesellschaftsvertrag
Zudem kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass ein Gesellschafter die Generalversammlung direkt einberufen kann.
Eigenmächtige Selbsteinberufung
Was aber gilt, wenn der Gesellschaftsvertrag dem Gesellschafter ein solches Recht nicht einräumt und dieser trotzdem die Generalversammlung selbst direkt einberuft? Können in einer solchen Generalversammlung überhaupt Beschlüsse gefasst werden? Müssen die übrigen Gesellschafter dort überhaupt hingehen?
Beschlüsse nicht ungültig, sondern nur anfechtbar
Nach einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (24.09.2020, 6 Ob 168/20d) sind dort gefasste Beschlüsse nicht unwirksam (nichtig). Wird die Generalversammlung nicht durch den Geschäftsführer, sondern durch den Mehrheitsgesellschafter einberufen sind die in der Folge gefassten Gesellschafterbeschlüsse demnach lediglich anfechtbar. Was bedeutet das?
Das bedeutet, dass dort sehr wohl Beschlüsse gefasst werden können. Die gefassten Beschlüsse haben zunächst Bestand. Wer sich damit nicht zufrieden gibt, muss diese bei Gericht anfechten innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Beschlussanfechtungsfrist.
Anwesenheit in der Generalversammlung erforderlich
Die Krux an der Sache ist aber folgende: einen Gesellschafterbeschluss kann nur ein solcher Gesellschafter anfechten, der in Generalversammlung gegen die Beschlussfassung „Widerspruch zu Protokoll“ erklärt hat. Wer aber nicht bei der Generalversammlung dabei ist, kann diesen Widerspruch aber nicht erklären und verliert daher sein Anfechtungsrecht.
Das führt zu einer kuriosen Situation: Obwohl der Gesellschafter eigentlich nicht für die Einberufung zuständig ist, sind die übrigen Gesellschafter doch „gezwungen“, auch einer solchen fehlerhaften Einberufung Folge zu leisten. Wer dort nicht hingeht, kann nachher auch keinen Beschluss anfechten.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und auf Vertretung im Gesellschafterstreit bzw. bei Konflikten in Gesellschaften spezialisiert. Ich übernehme Vertretungen in ganz Österreich. Mehr Informationen
- Einberufung einer zweiten Generalversammlung im Fall der Beschlussunfähigkeit
- GmbH-Generalversammlung: Behandlung nicht ordnungsgemäß angekündigter Tagesordnungspunkte
- Treuwidrige Stimmabgabe in GmbH-Generalversammlung
- Sanierung eines mangelhaften GmbH-Gesellschafterbeschlusses durch Bestätigungsbeschluss
- Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen bei der GmbH
- Feststellung des Beschlussergebnisses durch einen Vorsitzenden in einer GmbH-Generalversammlung
- Mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse bei einer Personengesellschaft
- Verhinderung eines Unternehmensverkaufs durch einen Minderheitsgesellschafter mit einstweiliger Verfügung
- Was passiert mit einem Beschlussanfechtungsprozess, wenn die GmbH insolvent wird?
- Fehlendes Anfechtungsinteresse bei Beschlussanfechtungsklage
Themen: Gesellschafterbeschlüsse | 0 Kommentare »