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Geschäftsführer: Mehrheitserfordernis bei Beschlussfassung über Begründung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses
von Dr. Lukas Fantur | 10. August 2017
Sieht der Gesellschaftsvertrag für die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers eine qualifizierte Mehrheit vor, gilt diese nicht auch für die Begründung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses.
Das hat das Oberlandesgericht Wien entschieden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag beinhaltet folgende Regelung:
”Generalversammlung […]
Folgende Geschäfte dürfen nur mit Zustimmung der Generalversammlung vorgenommen werden, wobei der entsprechende Beschluss der Generalversammlung mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 (drei Viertel) der abgegebenen Stimmen, soweit der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz nichts anderes bestimmen, gefasst werden muss:
- Die Erhöhung des Stammkapitals, die Herabsetzung des Stammkapitals und Änderungen des Gesellschafts-vertrages;
- die Auflösung der Gesellschaft und jegliche Umstrukturierungen;
- der Erwerb, die Veräußerung oder Kündigung von Beteiligungen;
- die Bestellung eines Geschäftsführers;
- die Abberufung eines Geschäftsführers;
- der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Liegenschaften der Gesellschaften.“
Ein Quorum für die Beendigung von Angestelltenverhältnissen (auch zu den Gesellschaftern) ist darin nicht festgelegt.
Gesellschaftsvertragliche Regelung der Bestellung und Abberufung umfasst nicht auch das Anstellungsverhältnis
Der Gesellschaftsvertrag sieht (nur) für die Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers eine qualifizierte Mehrheit von drei Viertel der Stimmen vor, ein besonderes Quorum für die Beendigung von Anstellungsverhältnissen ist hingegen nicht vorgesehen.
Bei gebotener objektiver Auslegung der Regelung besteht kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer planwidrigen Lücke in diesem Zusammenhang.
Ein zwingender Gleichlauf der Position als Geschäftsführer mit jener als Angestellter der GmbH ist schon angesichts der ständigen Rechtsprechung, die zwischen diesen beiden Rechtsverhältnissen klar differenziert, nicht erforderlich.
Damit ist für die Entlassung des Klägers aus seinem Anstellungsverhältnis eine einfache Mehrheit der Stimmen ausreichend.
Quelle: OLG Wien, 30.01.2017, 5 R 190/16x = GES 2017, 202 mit Anmerkung von Lukas Fantur
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Spezialgebiet GmbH-Recht.
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