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Umgehung der Frist für Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen
von Dr. Lukas Fantur | 10. Dezember 2008
Anfechtung: Die Frist zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann nicht dadurch umgangen werden, dass der überstimmte Gesellschafter nach Ablauf der Anfechtungsfrist einen neuen Beschlussantrag stellt, wonach die ursprünglich unbekämpft gebliebenen Gesellschafterbeschlüsse aufgehoben werden sollen.
Das entschied der Oberste Gerichtshof.
Anfechtung Gesellschafterbeschlüsse: Neuer Antrag auf Beschlussfassung
In einer GmbH wurde von der Generalversammlung Gesellschafterbeschlüsse gefasst
- den Gewinn auf neue Rechnung vorzutragen
- einem Gesellschafter das Betreten des Firmengeländes zu verbieten sowie
- diesem Gesellschafter die Bucheinsicht zu verbieten.
Dem Gewinnvortrag hatte der betroffene Gesellschafter selbst zugestimmt. Hinsichtlich der übrigen Gesellschafterbeschlüsse unterließ er eine Anfechtung.
Später stellte er dann jedoch einen Beschlussantrag, wonach die urspünglich gefassten Gesellschafterbeschlüsse wieder aufgehoben werden sollten. Dieser Aufhebungsantrag wurde mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters abgelehnt. Dagegen erhob der betroffene Gesellschafter nun eine Beschlussanfechtungsklage.
Anfechtung Gesellschafterbeschlüsse: Umgehung der Frist
Anfechtung-Umgehung: Der Oberste Gerichtshof sah darin eine unzulässige Umgehung der Befristung für Klagen auf Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen.
Er hielt dem klagenden Gesellschafter entgegen, dass dieser gegen ursprünglichen Gesellschafterbeschlüsse, mit denen diese Maßnahmen ursprünglich verhängt wurden, seinerzeit keine Anfechtung unternommen hatte. Eine mittlerweile eingetretene Veränderung der Sachlage hatte der Kläger nicht behauptet.
Das bloße Vorbringen, die Gesellschafterbeschlüsse hätten schon ursprünglich nicht gefasst werden dürfen, reicht für die Anfechtung der nunmehrigen Gesellschafterbeschlüsse nicht aus, könnten doch dann durch die jederzeit mögliche Stellung eines Aufhebungsantrags die engen zeitlichen Zulässigkeitsgrenzen des GmbH-Gesetzes für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nach unterlaufen werden.
Im Hinblick auf die seinerzeitige – unbekämpft gebliebene – Beschlussfassung war die Ablehnung eines keine neuen Argumente vorbringenden Antrags des Klägers auf Aufhebung dieser Beschränkungen durch den Mehrheitsgesellschafter nicht treuwidrig.
Quelle: OGH 1.10.2008, 6 Ob 191/08v (Anfechtung-Umgehung)
Frist für Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen
Jedem Gesellschafter ist ohne Verzug nach Abhaltung der Generalversammlung oder nach einer auf schriftlichem Weg erfolgten Abstimmung eine Kopie der gefassten Beschlüsse unter Angabe des Tages der Aufnahme in die Niederschrift mittels eingeschriebenen Briefes zuzusenden (§ 40 Absatz 2 GmbH-Gesetz).
Die Klage auf Nichtigerklärung (Beschluss-Anfechtung) muss binnen einem Monat vom Tag der Absendung der Kopie erhoben werden (§ 41 Absatz 4 GmbH-Gesetz).
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