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    Gesetzesentwurf zur virtuellen Gesellschafterversammlung

    von Dr. Lukas Fantur | 14. Mai 2023

    Mitte Juli 2023 soll in Österreich ein Gesetz über virtuelle Gesellschafterversammlungen in Kraft treten. Hier finden Sie einen Überblick über den Gesetzesentwurf.

    Vorbild: Regelungen über virtuelle Gesellschafterversammlung aus der Zeit der COVID-Pandemie

    Für die Zeiten der COVID-Pandemie wurde mit dem COVID-19-GesG die zeitlich befristete Möglichkeit für virtuelle Gesellschafterversammlungen geschaffen. Nach meiner Wahrnehmung wurde davon auch reichlich Gebrauch gemacht. Besondere Probleme traten dabei nicht auf, im Gegenteil: Die virtuelle Generalversammlung hat sich zweifellos bewährt. Mit 30. Juni 2023 läuft diese Möglichkeit ab. Eine gesetzliche Überführung in das Dauerrecht ist daher naheliegend.

    Nunmehr liegt ein solcher Gesetzesentwurf (Ministerialentwurf) für ein „Virtuelles Gesellschafterversammlungen-Gesetz – VirtGesG“ vor, das am 14. Juli 2023 in Kraft treten soll.

    Das sind die wesentlichen Eckpunkte:

    Rechtsformen, bei denen virtuelle Gesellschafterversammlung möglich sein wird

    Folgende Rechtsformen sollen vom Anwendungsbereich umfasst sein:

    Anders als das COVID-19-GesG bezieht sich das VirtGesG allerdings nur auf Versammlungen von

    nicht hingegen auf Versammlungen von Organmitgliedern.

    Satzungsregelung über virtuelle Gesellschafterversammlung erforderlich

    Im Unterschied zur COVID-Pandemiesituation werden virtuelle Versammlungen nach dem VirtGesG außerdem nur zulässig sein, wenn diese Möglichkeit in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.

    Die Satzung kann unterschiedliche Arten der virtuellen Versammlung vorsehen:

    „Einfache“ virtuelle Gesellschafterversammlung

    Unter der „einfachen“ virtuellen Versammlung versteht das VirtGesG eine solche, bei der alle Teilnehmer mit einer „akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtheit“ verbunden sind. Alle Teilnehmer können sich also gleichzeitig sehen, hören und auch sprechen (Videokonferenz).

    Moderierte virtuelle Gesellschafterversammlung

    Diese Variante ist für größere Gesellschaften (insbesondere Publikums AGs) gedacht. Hier stößt die herkömmliche Zoom-Konferenz oder Teams-Sitzung naturgemäß auf ihre praktischen Grenzen.

    Daher soll es hier ausreichen, wenn die Versammlung in Wort und Bild einseitig übertragen wird. Die virtuellen Teilnehmer müssen aber die technische Möglichkeit haben, sich im Wege der elektronischen Kommunikation (per Chat-Funktion, per Email etc.) zu Wort zu melden. Dann muss ihnen auch die Möglichkeit gegeben werden, einen Redebeitrag im Modus einer Videokonferenz, also in Echtzeit, abzuliefern.

    Diese Art von Versammlung darf nur durchgeführt werden, wenn es einen Versammlungsleiter gibt.

    Hybride Gesellschafterversammlung

    Sofern der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, soll auch die Möglichkeit einer hybriden Versammlung bestehen. Die damit zu erwartenden Probleme – eine „Informations-und Interventionsasymmetrie“ zwischen den physisch am Versammlungsort anwesenden Gesellschaftern und jenen, die nur virtuell zugeschalten sind, sprechen die Erläuterungen zum Ministerialentwurf bereits von selbst an.

    Zuständigkeit zur Einberufung

    Sieht die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit einer virtuellen Versammlung vor, muss auch mitgeregelt werden, ob die Versammlungen

    Börsennotierte Aktiengesellschaften

    Für börsennotierte Aktiengesellschaften sieht der Entwurf Sonderbestimmungen vor.

    Was gilt bei technischen Problemen?

    Nach dem Entwurf ist die Gesellschaft (wie schon jetzt für die Zeit der COVID-Pandemie) für den problemlosen technischen Ablauf der virtuellen Versammlung nur soweit verantwortlich, als dies ihrer Sphäre zuzurechnen ist.

    Die Erläuterungen zum Entwurf lassen die daraus künftig verstärkt entstehenden Beschlussmängelstreitigkeiten bereits erahnen: Als Anfechtungsgrund wird der Fall genannt, dass die von der Gesellschaft eingesetzte Videokonferenz-Software versagt. Hat aber ein Teilnehmer individuelle Verbindungsprobleme, soll dies keinen Anfechtungsgrund darstellen.

    Für die einzelnen Gesellschafter kann die aber wirklich gefährlich werden: Einen temporären Internetausfall – ob kürzer oder auch länger, bis der Support des Anbieters oder der IT-Betreuer erreichbar ist und helfen kann – hat jeder schon erlebt. Die Erläuterungen sprechen zwar davon, dass bei einem überschaubaren Teilnehmerkreis die virtuelle Versammlung kurz zu unterbrechen ist, um dem betroffenen Gesellschafter einen neuerlichen Verbindungsaufbau zu ermöglichen. Das Risiko, dass dem einzelnen virtuellen Teilnehmer damit aufgebürdet wird, ist aber jedenfalls beträchtlich.

    Über mich

    Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Spezialgebiet Gesellschafterstreit. Mit jahrelanger umfassender Erfahrung betreue und vertrete ich Mandanten bei der Organisation und Durchführung von GmbH-Gesellschafterversammlungen, insbesondere als Stimmrechtsbevollmächtigter, als Vorsitzender oder als Berater.

    Zum Thema Generalversammlungen und Gesellschafterbeschlüsse bin ich überdies Autor einschlägiger Fachpublikationen.

    Im Anwaltsranking 2023 des Magazins TREND wurde ich im Bereich Gesellschaftsrecht in den Kreis der führenden Rechtsanwälte in Österreich gewählt.

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