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Geltendmachung von Ansprüchen der GmbH durch Minderheitsgesellschafter
von Dr. Lukas Fantur | 13. Oktober 2009
Gemäß § 48 GmbH-Gesetz können die der Gesellschaft gegen
- die Gesellschafter
- Geschäftsführer und
- Mitglieder des Aufsichtsrats
zustehenden Ansprüche auch von Gesellschaftern, deren Stammeinlage
- den zehnten Teil des Stammkapitals oder
- den Nennbetrag von 700.000 Euro oder
- den im Gesellschaftsvertrag festgesetzten geringeren Betrag erreichen,
geltend gemacht werden, wenn
- die Verfolgung dieser Ansprüche für die Gesellschaft durch Beschluss der Gesellschafter abgelehnt oder
- wenn ein darauf abzielender Antrag, obwohl er rechtzeitig (§ 38 Abs 3 GmbHG) bei den Geschäftsführern angemeldet war, nicht zur Beschlussfassung gebracht worden ist.
Minderheitenklage
Die Klage nach § 48 GmbH-Gesetz ist zwar formell im Namen der Minderheit zu erheben, verfolgt aber materiell einen Anspruch der Gesellschaft.
Der Minderheitengesellschafter tritt somit im Prozess als Kläger auf, macht jedoch einen Anspruch der Gesellschaft geltend, sodass die Klage auf Leistung an die Gesellschaft lautet.
Zweck der Minderheitenklage
Der Zweck des Minderheitenrechts liegt darin, dass die Mehrheit nicht Recht behalten dürfe, wenn sie sich über berechtigte Reklamation der Minderheit einfach hinwegsetzt (Gesellschafterstreit).
Durch die Ermöglichung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft auch gegen die Gesellschafter soll dazu beigetragen werden, dass
- Ansprüche der Gesellschaft eher geltend gemacht werden und so
- die Vermögensbasis der Gesellschaft besser gesichert wird.
Minderheitenklage – vertragliche Ansprüche der Gesellschaft
Fraglich ist nun, ob unter den in § 48 GmbHG genannten Ansprüchen auch vertragliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter zu verstehen sind.
Der Wortlaut der Bestimmung spricht zunächst dafür, dass sämtliche denkbaren Ansprüche, die der Gesellschaft gegen den Gesellschafter zustehen, von § 48 Abs 1 GmbHG umfasst sind.
Der Zweck der Regelung rechtfertigt die Annahme, dass auch Ansprüche aus (bloß) schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern betroffen sind.
Die Auslegung, dass § 48 GmbHG auf alle der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter zustehenden Ansprüche anwendbar ist, bietet Gewähr dafür, dass der Zweck der Regelung auch verwirklicht werden kann.
Ob für den Fall der Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs durch einen Minderheitengesellschafter, wenn die Gesellschaft ihrerseits ihre Leistung noch nicht erbracht hat, eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, ließ der Oberste Gerichtshof im Anlassfall offen.
Aber auch das Argument, nur jene Beschlüsse, die zwingend der Generalversammlung vorbehalten seien, seien von § 48 Abs 1 GmbHG umfasst, ist nicht überzeugend: Nach ganz herrschender Auffassung sind nicht nur die Maßnahmen, die nach dem Gesetz der Beschlussfassung der Gesellschafter unterliegen (§ 35 Abs 1 GmbHG), sondern auch außergewöhnliche Maßnahmen den Gesellschaftern zur Beschlussfassung zu unterbreiten. Darunter fällt – wegen des evidenten Interessenwiderstreits – auch die Geltendmachung einer Schadenersatzklage gegen einen Gesellschafter.
Dem Minderheitengesellschafter steht ein Klagerecht gemäß § 48 Abs 1 GmbHG gegen einen weiteren Gesellschafter auch in Ansehung eines Schadenersatzanspruchs aus einer behaupteten vertraglichen Pflichtverletzung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft zu.
Quelle: OGH 22.07.2009, 3Ob72/09y
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Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt GmbH-Recht, mit langjähriger Erfahrung und zahlreichen Fachpublikationen auf diesem Spezialgebiet.
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