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Wenn Geschäftsführer einen erforderlichen Gesellschafterbeschluss nicht einholen – wie sich einzelne Gesellschafter wehren können
von Dr. Lukas Fantur | 27. Dezember 2023
Oft setzen Geschäftsführer (Vorstände) Maßnahmen, ohne dafür erforderliche Gesellschafterbeschlüsse einzuholen. Wie kann man sich als Gesellschafter dagegen wehren?
Damit beschäftigt sich der Salzburger Universitätsprofessor Hans-Georg Koppensteiner in einem aktuellen Beitrag.
Rechte der Gesellschaftermehrheit
Handelnde Geschäftsführer (bzw. der Vorstand) ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung, kann er zunächst durch die Gesellschaftermehrheit diszipliniert werden. Diese kann sich mit
- Abberufung
- Entzug der Geschäftsführungsbefugnis oder
- mit Weisung wehren.
Rechte einzelner Gesellschafter
Nach Koppensteiner kann aber auch jeder einzelne Gesellschafter selbst dagegen vorgehen.
Die Gesellschafter können dabei aus eigenem Recht gegen Handlungen der Geschäftsführer bzw. des Vorstands (und auch des Aufsichtsrates) vorgehen, wenn die erforderliche Billigung durch die Gesellschafterversammlung (Generalversammlung oder Hauptversammlung) nicht eingeholt wurde.
Bei Bekanntwerden des von der Geschäftsführung geplanten Eingriffs in die Zuständigkeit der Generalversammlung (bzw. der Hauptversammlung) kann der einzelne Gesellschafter eine Unterlassungsklage einbringen. Diese kann er mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung verbinden.
In Frage kommt etwa das Begehren, die Anmeldung zum Firmenbuch zu unterlassen, wenn die Maßnahme ohne Eintragung nicht wirksam würde.
Ist die generalversammlungspflichtige Maßnahme hingegen schon geschehen, kann nach Koppensteiner, sofern noch möglich, Wiederherstellung der ursprünglichen Lage verlangt werden (Beseitigung).
Denkbar sind aber auch Feststellungsklagen.
Richtige beklagte Partei ist dabei die Gesellschaft.
Quelle: Koppensteiner, Gesellschafterklagen und Gleichbehandlungsgrundsatz im Kapitalgesellschaftsrecht, ÖJZ 2023/137.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien und (Mit-)Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (GES). Als Rechtsanwalt in Wien beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit Gesellschafterstreit bzw. Konflikten in Gesellschaften.
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Themen: Gesellschafter-Rechte, Gesellschafterbeschlüsse, Gesellschafterstreit, GmbH | 1 Kommentar »
31. Dezember 2023 um 19:15
Siehe dazu OGH 28.06.2023, 6 Ob 178/22b, ErwGr 72: „Ob die Aktionärsklage als Mittel der Unterbindung von Verwaltungshandeln des Vorstands und Aufsichtsrats zulässig ist, ist in Österreich ungeklärt.“