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    Oberlandesgericht Wien zur Sonderprüfung bei der GmbH

    von Dr. Lukas Fantur | 1. September 2010

    Zu Fragen der Sonderprüfung bei der GmbH ging  mir  in einem Gesellschafterstreit wieder eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien zu. Darin befasst sich das OLG Wien mit den Voraussetzungen eines Antrags eines GmbH-Gesellschafters auf Durchführung einer Sonderprüfung bei einer GmbH:

    Sonderprüfung gemäß § 45 GmbH-Gesetz

    § 45 Abs 1 GmbH-Gesetz lautet:

    Ist durch Beschluss der Gesellschafter ein Antrag auf Bestellung von sachverständigen Revisoren zur Prüfung des letzten Jahresabschlusses abgelehnt worden, so kann auf Antrag von Gesellschaftern, deren Stammeinlagen den zehnten Teil des Stammkapitals oder den Nennbetrag von 700.000 Euro erreichen, das Handelsgericht des Sitzes der Gesellschaft einen oder mehrere Revisoren bestellen. Dem Antrage ist nur stattzugeben, wenn glaubhaft gemacht wird, dass Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages stattgefunden haben.

    Unterbleiben einer Abstimmung über einen Beschlussantrag auf Sonderprüfung

    Der Umstand, dass über den ordnungsgemäß gestellten Antrag nicht abgestimmt wird, ist einem ablehnenden Beschluss gleichzuhalten.

    Keine generelle Kontrolle der Geschäftsführung

    Sonderprüfer dürfen nicht generell mit der Kontrolle der Geschäftsführung beauftragt werden, sondern es muss sich um Vorgänge bestimmter Art handeln. Soweit sich die Sonderprüfung ganz allgemein „auf die Geschäftsführertätigkeit im Geschäftsjahr 2007“ beziehen soll, ist die Antragstellung daher nicht zielführend.

    Ausforschung (Erhärtung) vermuteter Pflichtwidrigkeiten

    Die Sonderprüfung ist ein Beweissicherungsmittel zur Ausforschung (Erhärtung) vermuteter Pflichtwidrigkeiten, um allfällige Ersatzansprüche etwa gegen den Geschäftsführer geltend zu machen.

    Sonderprüfung nur über letzten Jahresabschluss

    Der Sonderprüfungsantrag muss sich auf einen bestimmten Jahresabschluss beziehen. Es sind grundsätzlich nur Vorgänge relevant, die im letzten Abschluss ihren Niederschlag gefunden haben oder hätten finden müssen.

    Ein Recht auf Sonderprüfung im Hinblick auf alle noch nicht verjährten Ersatzansprüche besteht nicht.

    Bescheinigung der vermuteten Unregelmäßigkeiten durch den Antragsteller

    Dass Unregelmäßigkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages stattgefunden haben, ist im Antrag zu bescheinigen.

    Da die Bestellung eines Sonderprüfers gerade dem Zweck dient, derartige Unregelmäßigkeiten festzustellen, sind an die Bescheinigung keine strengen Anforderungen zu stellen, sodass in der Regel die Darlegung eines Sachverhalts genügt, aus dem sich nach der Lebenserfahrung schlüssig derartige Unregelmäßigkeiten ergeben.

    Solche Umstände können etwa aus der

    folgen.

    Bedeutung einer bereits erteilten Entlastung

    Die Wirkung der Entlastung besteht darin, dass die Gesellschaft entlasteten Geschäftsführern gegenüber mit der Geltendmachung solcher Tatsachen „präkludiert“ ist (nicht mehr geltend gemacht werden kann), die

    Unter anderem können Ansprüche gemäß § 25 Abs 2 GmbH-Gesetz – nach dieser Bestimmung haften Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft zur ungeteilten Hand für den daraus entstandenen Schaden – nicht mehr geltend gemacht werden; ebenso ist eine Abberufung bzw Kündigung aus wichtigem Grund ausgeschlossen.

    Die Präklusionswirkung tritt nur dann nicht ein, wenn an sich erkennbare Entlastungshindernisse durch die Geschäftsführung verschleiert werden.

    Entlastung als Hinderungsgrund für Antragstellung

    Die Sonderprüfung hat den Sinn, Informationen zutage zu fördern, die nötig sind, um auf möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Organe reagieren zu können.

    Sie zielt auf den Schutz einer überstimmten Minderheit ab.

    Im Bezug auf jene Sachverhalte, auf welche sich die Präklusionswirkung einer einstimmig erteilten Entlastung erstreckt, besteht folgerichtig auch kein Raum für eine Sonderprüfung.

    Als Gegenstand der beantragten Sonderprüfung scheiden demnach grundsätzlich alle Tatsachen aus, welche im Zeitpunkt der Entlastung aus den ihr vorliegenden Unterlagen ersichtlich oder die ihr auf andere Weise bekannt geworden waren.

    Rechtsmissbräuchlicher Antrag auf Sonderprüfung

    Rechtsmissbrauch wäre etwa dann zu bejahen, wenn

    Beweispflicht für Rechtsmissbrauch

    Beweispflichtig dafür, dass die Antragstellerin kein anderes Interesse hat, als die Antragsgegnerin oder deren Geschäftsführer zu schädigen, oder dass doch der Schädigungszweck und unlautere Motive so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Antragstellung völlig in den Hintergrund treten, ist die Antragsgegnerin (die Gesellschaft).

    Grundsätzlich soll demjenigen, der an sich ein Recht hat, zugestanden werden, dass er innerhalb der Schranken dieses Rechts handelt.

    Bescheinigung strafbarer Handlungen spricht gegen Rechtsmissbrauch

    Insoweit, als die Antragstellerin Verdachtsmomente in Richtung eines strafbaren Verhaltens des Geschäftsführers zu bescheinigen vermag, ist ihr Interesse an der Sonderprüfung als so gewichtig anzusehen, dass es im Verhältnis zu dem von der Antragsgegnerin behaupteten Motiv, die Antragstellerin bezwecke in Wahrheit, die Abtretung ihrer Geschäftsanteile durchzusetzen, keinesfalls vernachlässigt werden kann.

    Keine Beschlussanfechtung bei abgelehntem Antrag auf Sonderprüfung erforderlich

    Der Antrag auf Sonderprüfung setzt die Anfechtung des die Bestellung des Prüfers ablehnenden Beschlusses nicht voraus.

    Quelle: OLG Wien 31.05.2010, 28R234/09a (GES 2010, 176))

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