Was gut gemeint ist, geht aber oft an den Interessen der Kinder vorbei. Nicht immer möchten oder können nämlich alle im Unternehmen mitarbeiten. So manchen wäre es lieber, von den Eltern statt einem Unternehmensanteil einen Geldbetrag zu erhalten. Auch sind nicht alle Kinder für die Geschäftsführung fachlich und persönlich gleichermaßen geeignet. All das fördert Konflikte in der Gesellschaft, die sich die Kinder künftig untereinander teilen müssen.
Unterschiedliche Interessen bei der Gewinnverwendung
Wer im Unternehmen nicht tätig ist und von der Gesellschaft daher auch kein laufendes Gehalt bezieht, ist ganz besonders auf Gewinnausschüttungen angewiesen. Bei einem operativ tätigen Gesellschafter-Geschäftsführer oder einer solchen Geschäftsführerin ist das hingegen anders: Sie bekommen ihr fixes Gehalt, dazu Spesen und womöglich auch noch Prämien – und ein attraktives Dienstauto sowieso. Für sie kann es sinnvoller sein, die Gewinne im Unternehmen zu belassen, anstatt sie an alle Gesellschafter und Gesellschafterinnen, auch die nicht mitarbeitenden, auszuschütten.
Zwar sieht das Gesetz vor, dass Bilanzgewinne grundsätzlich voll auszuschütten sind. Das gilt aber nur, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes regelt. Fast immer ist aber vertraglich vorgesehen, dass die Mehrheit der Gesellschafter und Gesellschafterinnen eine Gewinnausschüttung erst ausdrücklich beschließen muss, damit es überhaupt zur Ausschüttung kommen kann. In diesem Fall verhindert aber schon eine bloße Pattsituation bei den Stimmrechtsverhältnissen jede Gewinnausschüttung.
Für das nicht mitarbeitende Familienmitglied verschärft sich die Situation, wenn die Familiengesellschaft eine bloße Beteiligungsgesellschaft ist – die operativen Unternehmen also in Tochter- und Enkelgesellschaften ausgelagert sind. Damit sich in der Familienholding die Frage der Gewinnausschüttung überhaupt stellen kann, müssen zuerst die Gewinne der Untergesellschaften in die Holding ausgeschüttet werden. Schon das kann durch die geschäftsführenden Gesellschafter und Gesellschafterinnen der Holding erschwert oder sogar verhindert werden.
Trennung nur schwer möglich
Den nicht mitarbeitenden Familienmitgliedern bleibt also unter Umständen nicht viel mehr als die formale Beteiligung am Papier, ohne dass sich diese in Einnahmen umsetzen lässt. Die in solchen Konstellationen naheliegende Trennung der Gesellschafter und Gesellschafterinnen ist oft nicht möglich oder nicht finanzierbar. Denn eine ausscheidungswillige Gesellschafterin beziehungsweise ein ausscheidender Familienstamm will auch angemessen ausbezahlt werden.
Das Unternehmen ist aber zu diesem Zeitpunkt oft längst viel zu wertvoll, um die liquiden Mittel für eine werthaltige Abfindung aufbringen zu können. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist es zudem gesetzlich streng verboten, die Abfindung von Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsvermögen heraus zu finanzieren – sofern es sich dabei nicht um ordnungsgemäße Gewinnausschüttungen handelt. Die verbleibenden Gesellschafter und Gesellschafterinnen müssten also die Abfindung selbst finanzieren.
Wunsch nach Kontrolle
Diese zwangsweise Verbundenheit in der Gesellschaft verstärkt den Wunsch der nicht geschäftsführenden Gesellschafter und Gesellschafterinnen nach Kontrolle der Unternehmensleitung. Um diese Kontrolle wirksam auszuüben, bedarf es der Einsicht in die Bücher und Geschäftsunterlagen der Gesellschaft und der Erteilung gewünschter Informationen durch die Geschäftsführung. Auch das funktioniert aber häufig keineswegs friktionsfrei. Vor allem dann nicht, wenn überhöhte Geschäftsführergehälter, nicht fremdübliche Geschäfte zwischen der Geschäftsführung und der Gesellschaft oder gar unzulässige Entnahmen im Raum stehen.
Kann über diese Fragen keine Einigung erzielt werden, bleibt dem unzufriedenen Familiengesellschafter nur die Ausübung jener Rechte, die jedem Minderheitsgesellschafter einer GmbH zustehen: zum Beispiel das Verlangen nach Abhaltung einer Gesellschafterversammlung oder die gerichtliche Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen. Oder auch das Recht auf Bucheinsicht und Informationserteilung, das ebenfalls gerichtlich durchgesetzt werden kann. Und als stärkste Waffe die Klage auf Abberufung der Geschäftsführer wegen grober Pflichtverletzungen oder aus sonstigem wichtigen Grund.
Selbst die Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Geschäftsführer und Gesellschafter kann von einer Gesellschafterminderheit, die mindestens zehn Prozent Beteiligung hält, gegen den Willen der Gesellschaftermehrheit durchgesetzt werden.
Dann aber tritt die Familiengesellschaft in eine Phase, die sich die Eltern bei Übergabe der Anteile nicht vorstellen konnten. Gerade weil dies in der Praxis nicht ausreichend bedacht wird, handelt es sich bei Streitigkeiten in Familiengesellschaften besonders ab der zweiten Generation um ein äußerst häufiges Szenario, das die Beteiligten dennoch völlig unvorbereitet überrascht.