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Vertretung der GmbH im Verfahren wegen Beschlussanfechtung
von Dr. Lukas Fantur | 24. Februar 2009
- Beschlussanfechtung bei der GmbH
- Vertretung der GmbH bei Beschlussanfechtung: Grundregel
- Vertretung der GmbH bei Beschlussanfechtung, wenn Geschäftsführer selbst klagen
- Beschlussanfechtung: Klagender Gesellschafter-Geschäftsführer kann GmbH nicht vertreten
- Keine Umgehung durch Bestellung eines Rechtsvertreters
- Keine Vertretung der Gesellschaft durch einen zweiten, nur gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungsbefugten Geschäftsführer
- FAQ: Was ist eine unechte Gesamtvertretung?
- Der Autor
- Kommentare (1)
Beschlussanfechtung bei der GmbH
Wird bei der GmbH ein Gesellschafterbeschluss angefochten (Klage auf Nichtigerklärung), ist die Beschlussanfechtungs-Klage gegen die GmbH zu richten.
Wer dabei die GmbH vertritt, wenn ein Gesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH ist, war Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (06.11.2008, 6 Ob 186/08h).
Vertretung der GmbH bei Beschlussanfechtung: Grundregel
Gemäß § 42 Abs 1 GmbHG wird die Gesellschaft im Verfahren auf Nichtigerklärung eines Beschlusses ihrer Gesellschafter durch die Geschäftsführer (in vertretungsbefugter Zahl),
Vertretung der GmbH bei Beschlussanfechtung, wenn Geschäftsführer selbst klagen
Wenn die Geschäftsführer selbst klagen, wird die beklagte GmbH im Beschlussanfechtungsverfahren durch den Aufsichtsrat vertreten.
Ist im Fall einer Klage eines Geschäftsführers weder ein Aufsichtsrat noch ein „anderer Vertreter der Gesellschaft“ (Anmerkung: gemeint ist ein mit Gesellschafterbeschluss bestellter Prozessvertreter; der klagende Gesellschafter unterliegt dabei einem Stimmverbote) vorhanden, so hat das Gericht einen Kurator zu ernennen.
Sind mehrere zeichnungsberechtigte Geschäftsführer bestellt, von denen nur einer als Kläger auftritt, kann die Gesellschaft im Anfechtungsverfahren durch die weiteren (nicht klagenden) Geschäftsführer in vertretungsbefugter Zahl vertreten werden.
Beschlussanfechtung: Klagender Gesellschafter-Geschäftsführer kann GmbH nicht vertreten
Der klagende Gesellschafter-Geschäftsführer ist von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen.
Gleiches gilt für den Geschäftsführer und Alleingesellschafter jener Gesellschafterin, die als Anfechtungsklägerin auftritt. Auch er ist wegen der durch die Klageführung bewirkten Interessenkollision von der Vertretung der beklagten Gesellschaft im Anfechtungsverfahren ausgeschlossen.
Keine Umgehung durch Bestellung eines Rechtsvertreters
Der Ausschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers von der Vertretung der Beklagten im Anfechtungsverfahren gilt auch für seinen Vertreter, kann deshalb auch nicht durch die Bestellung eines Rechtsvertreters umgangen werden.
Es kommt auch nicht darauf an, ob der Vertreter hinsichtlich der Ausübung seiner Vertretungsmacht instruiert wurde.
Dass der selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der im Beschlussanfechtungsverfahren beklagten Gesellschaft in deren Namen Prozessvollmacht vor Einbringung der Anfechtungsklage erteilte, kann den durch die Klageführung hervorgerufenen Konflikt zwischen seinen Interessen als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin und jenen der gleichfalls von ihm vertretenen beklagten Gesellschaft schon deshalb nicht verhindern, weil er sich als Vollmachtgeber die jederzeitige Widerrufbarkeit der Prozessvollmacht vorbehalten hatte.
Keine Vertretung der Gesellschaft durch einen zweiten, nur gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungsbefugten Geschäftsführer
Tritt der Geschäftsführer einer GmbH im Verfahren auf Nichtigerklärung eines Beschlusses ihrer Gesellschafter als Kläger auf, so kommt eine „unechte Gesamtvertretung“ der Gesellschaft durch einen weiteren Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen nicht in Betracht.
In einem solchen Fall kann die Gesellschaft nur durch weitere (nicht auf Klagsseite einschreitende) Geschäftsführer in vertretungsbefugter Zahl, durch den Aufsichtsrat, einen von den Gesellschaftern bestellten Vertreter zur Prozessführung (§ 35 Abs 1 Z 6 letzter Satz GmbHG) oder durch einen vom Gericht bestellten Kurator oder einen Notgeschäftsführer vertreten werden.
Quelle: OGH 06.11.2008 6 Ob 186/08 h
FAQ: Was ist eine unechte Gesamtvertretung?
Das GmbH-Gesetz sieht die Möglichkeit vor, dass – bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer – die Vertretung der Gesellschaft auch durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vorgesehen werden kann. Das muss allerdings im Gesellschaftsvertrag explizit vorgesehen werden.
Gibt es nur einen Geschäftsführer, darf dieser bei der Vertretung nicht an die Mitwirkung eines Prokuristen gebunden werden (§ 18 Abs 3 GmbH-Gesetz).
Der Autor
Ich bin Rechtsanwalt in Wien. Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das GmbH-Recht. Dabei berate und vertrete ich Gesellschafter, Gesellschaften, Geschäftsführer und außenstehende Dritte wie zum Beispiel Vertragspartner und Gläubiger.
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Themen: Gesellschafterbeschlüsse, Gesellschafterstreit | 1 Kommentar »
22. Juni 2009 um 16:38
Fachliteratur zu dieser Entscheidung: Artmann, GesRZ 2009, 172 (Entscheidungsanmerkung)