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    Ab wann ist der Erwerber eines GmbH-Anteils Gesellschafter?

    von Dr. Lukas Fantur | 16. April 2009

    Die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer GmbH mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden bedarf eines Notariatsaktes (§ 76 Abs 2 GmbHG). Ist dieser Notariatsakt errichtet, so stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Erwerber in der Folge als Gesellschafter der GmbH anzusehen ist und somit Subjekt der mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte (zB Stimmrecht), aber auch Pflichten (zB Haftung für die Einzahlung des Stammkapitals) wird.

    Hohe Praxisrelevanz

    Die Frage hat für die Praxis besondere Relevanz, da es häufig vorkommt, dass im Zeitraum zwischen der Errichtung des Kauf- und Abtretungsvertrages und der nachfolgenden Anmeldung zum Firmenbuch bzw der Eintragung des Gesellschafterwechsels in dieses Gesellschafterbeschlüsse zu fassen sind.

    Dabei ist unklar, ob der neue Gesellschafter bzw Erwerber des Geschäftsanteils bereits zur Stimmabgabe befugt ist oder ob es notwendig ist, dass das Stimmrecht in dieser Phase noch vom Veräußerer des Geschäftsanteils – allenfalls nach Weisung des Erwerbers – auszuüben ist.

    Widerspruch im Gesetz

    § 78 Abs 1 GmbHG lautet: “Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt nur derjenige als Gesellschafter, der im Firmenbuch als solcher aufscheint.”

    Trotz dieser scheinbar eindeutigen Gesetzesbestimmung läßt sich die Frage nach dem genauen Zeitpunkt des Beginns der Mitgliedschaft des Erwerbers zur GmbH nicht ohne weiteres beantworten.

    Schon die unmittelbar nachfolgende Regelung des Absatzes 2 des § 78 GmbHG steht mit der eben zitierten Bestimmung des § 78 Absatz 1 in einem offenkundigen Widerspruch.

    § 78 Absatz 2 GmbHG sieht vor, dass der Erwerber des Geschäftsanteils für die zur Zeit der Anmeldung des Überganges des Geschäftsanteils auf diesen rückständige Leistungen zur ungeteilten Hand mit dem Rechtsvorgänger verhaftet ist.

    Formlose Anmeldung zum Firmenbuch

    Unbehagen bereitet in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 11 Firmenbuchgesetz, wonach Anmeldungen zum Firmenbuch, die die Gesellschafter einer GmbH, deren Stammeinlagen oder die darauf geleisteten Einzahlungen betreffen, nicht der beglaubigten Form bedürfen.

    Vielmehr genügt die Unterfertigung namens des Rechtsträgers durch vertretungsbefugte Personen in der zur Vertretung notwendigen Anzahl (“vereinfache Anmeldung”).

    Bedenkt man, welche nachhaltigen Konsequenzen bereits die Anmeldung zum Firmenbuch nach sich zieht (vgl oben: Haftung für Kapitalaufbringung gemäß § 78 Abs 2 GmbHG) erscheint es nicht sachgerecht, die Anmeldung durch formloses Schreiben der Geschäftsführer an das Firmenbuchgericht genügen zu lassen.

    Aufscheinen im Firmenbuch

    Wenn der Gesetzgeber nun in § 78 Abs 1 GmbHG im “Verhältnis zur Gesellschaft” auf das Aufscheinen der Gesellschafterstellung im Firmenbuch abstellt, so ist der maßgebende Zeitpunkt des Entstehens der Mitgliedschaft offenbar der Zeitpunkt der Eintragung des Gesellschafters in das Firmenbuch.

    Gesellschafterhaftung ab Anmeldung

    Gleichzeitig läßt der Gesetzgeber den Erwerber schon ab dem Zeitpunkt der Anmeldung des Gesellschafterwechsels zum Firmenbuch für rückständige Leistungen zur ungeteilten Hand mit dem Rechtsvorgänger haften.

    Diese Haftung ist ohne Zweifel causa societatis, d.h. im Gesellschaftsverhälntis begründet.  Der aufgrund seiner soeben erworbenen Gesellschafterstellung resultierende Haftung als Gesellschafter entsteht also bereits vor Eintragung des Gesellschafterwechsels in das Firmenbuch.

    Gesetzesfiktion

    Indem § 78 Abs 1 GmbHG vorschreibt, dass der im Firmenbuch Eingetragene im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter “gilt” wird klar, daß hier eine gesetzliche Fiktion angeordnet ist, die den Zweck hat, im Fall unklarer Sachverhalte oder bei Streitigkeiten über die Mitgliedschaft die Gesellschaft bis zur allfälligen (gerichtlichen) Klärung funktionsfähig zu erhalten.

    Die Eintragung des Gesellschafterwechsels in das Firmenbuch ist dennoch nur deklarativ. Die Bestimmung des § 78 Abs 1 GmbHG dient ausschließlich dem Interesse der Gesellschaft und soll ihr Klarheit darüber verschaffen, aus welchen Personen sich der Gesellschafterkreis zusammensetzt und wer daher berechtigt ist, die Gesellschafterrechte auszuüben (1).

    Rechtsprechung

    Nach der Judikatur ergeben sich folgende Grundsätze: Mit Abschluss des Kauf- und Abtretungsvertrages in Notariatsaktsform erwirbt der neue Gesellschafter die Gesellschafterstellung.

    Die Gesellschaft hat nach der tatsächlichen Rechtslage zu handeln, dem Erwerber des Geschäftsanteils daher sogleich das Stimmrecht in der Generalversammlung zu gewähren (2).

    Ist jedoch im Einzelfall der Erwerb der Gesellschaftereigenschaft strittig, so ist zum Schutz der Gesellschaft eine strenge Einhaltung des § 78 Abs 1 GmbHG geboten. Die Nichtzulassung des Erwerbers zur Stimmabgabe macht den Gesellschafterbeschluß nach Ansicht des OGH diesfalls nicht anfechtbar (3).

    Nachweise

    1. OGH 26.8.1999, 2 Ob 46/97x, RdW 1999, 721; Bydlinski P., Veräußerung und Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen (1991), 69 f.
    2. OGH 26.8.1999, 2 Ob 46/97x, RdW 1999, 721 (722) mwN; insb. auch Koppensteiner, GmHG² (1999), § 78 Rz 5.
    3. OGH 26.8.1999, 2 Ob 46/97x, RdW 1999, 721 (722).

    Über den Autor

    Ich bin Rechtsanwalt für GmbH-Recht in Wien.

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