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Ausschluss von Gesellschaftern aus der GmbH – Kündigung eines Syndikatsvertrages
von Dr. Lukas Fantur | 11. Dezember 2011
In einer aktuellen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof folgende Fragen beantwortet:
- Können Gesellschafter aus einer GmbH ausgeschlossen werden, auch wenn das nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist?
- Wann kann ein Syndikatsvertrag gekündigt werden?
Die Kernaussagen des Obersten Gerichtshofs:
- Der Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund ist nur zulässig, wenn die Ausschlussmöglichkeit und das Ausschussverfahren im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind.
- Eine „rechtsfortbildende“ Ausschlussklage ist ausgeschlossen.
- Ein Syndikatsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar, wenn er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde, bei Abschluss auf bestimmte Zeit jedoch nur aus wichtigem Grund.
- Der völliger Verzicht auf die Kündigung kann nicht wirksam vereinbart werden.
Aus den Entscheidungsgründen
Kein Gesellschafterausschluss ohne Satzungsgrundlage
Der zwangsweise Ausschluss eines Gesellschafters einer GmbH mit Ausnahme des in § 66 GmbHG geregelten einzigen Falles der Säumigkeit bei der Einzahlung der Stammeinlage – ist unzulässig, wenn nicht Ausschlussmöglichkeit und Ausschlussverfahren im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind.
Eine Gesetzeslücke liegt nicht vor.
Wesen eines Syndikatsvertrages
Darunter werden regelmäßig rechtsgeschäftliche Bindungen zukünftigen Abstimmungsverhaltens zwischen den Gesellschaftern verstanden; sie sind sinnvolle Ergänzungen von Gesellschaftsverträgen, ohne in die gesellschaftsrechtliche Organstruktur einzugreifen.
Syndikatsverträge begründen ein Dauerschuldverhältnis, das als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zu qualifizieren ist.
Kündbarkeit eines Syndikatsvertrages
Dabei muss die Zeitdauer für einen möglichen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts nicht kalendermäßig festgelegt werden; sie kann sich auch aus dem Gesellschaftszweck oder den sonstigen zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen ergeben, wenn daraus hervorgeht, dass die Parteien eine längerfristige Bindung eingehen wollten.
Im Rahmen eines solchen zeitlichen Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts könnte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur aus wichtigen Gründen (außerordentliche Kündigung) aufgelöst werden. § 1212 ABGB normiert damit nur das, was ganz allgemein für Dauerschuldverhältnisse mit unbestimmter Dauer zu gelten hat:
Die freie Kündbarkeit eines nicht auf bestimmte Zeit eingegangenen Dauerschuldverhältnisses bildet zwar die Regel, es ist aber immer die Absicht der Parteien maßgebend, die unter Umständen darauf gerichtet sein kann, die freie Kündbarkeit auch nur für einen gewissen Zeitraum ohne Angabe von Gründen nicht ohne weiteres zuzulassen.
Kein völliger Kündigungsverzicht zulässig
Die Vertragsparteien haben (im Anlassfall) auf jedwede Anfechtung des Syndikatsvertrags verzichtet, worunter wohl auch ein Verzicht auf jedwede Aufkündigung verstanden werden könnte. Da die Beendigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund jedem Dauerschuldverhältnis immanent ist, kann zwar der völlige Verzicht darauf nicht wirksam vereinbart werden.
Allerdings kann die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses trotz Kündigungsverzichts aus wichtigen Gründen nur das „äußerste Notventil“ sein, weshalb bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Auflösungsgrund vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen ist und die Gründe ein erhebliches Gewicht haben müssen.
Darüber hinaus ist das Auflösungsinteresse des einen Teils gegen das Bestandsinteresse des anderen Teils abzuwägen.
Quelle: OGH 14.09.2011, 6Ob80/11z
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien. Langjähriger hauptsächlicher Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das Gesellschaftsrecht. Über mich.
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Themen: GmbH | 3 Kommentare »
12. April 2012 um 12:43
Fachliteratur zu dieser Entscheidung: Artmann, GesRZ (Der Gesellschafter) 2012, 129 (Anmerkung)
31. Juli 2022 um 08:52
Guten Morgen, können Sie mir bitte eine Frage beantworten. Kann ein Gesellschafter und Geschäftsführer vom Zugang der Firmendaten von den anderen Gesellschaftern ausgeschlossen werden. Zb kein Zugriff mehr auf Firmendaten?
31. Juli 2022 um 15:29
Ein Geschäftsführer kann vom Zugang zu Unternehmensdaten nicht ausgeschlossen werden.
Auch als GmbH-Gesellschafter hat man ein umfassendes Einsichtsrecht, das nur unter ganz strengen Bedingungen eingeschränkt werden kann, z.B. wenn der Gesellschafter ein Wettbewerber ist und zu befürchten ist, dass er die erlangten Informationen zum Zwecke des Wettbewerbs verwendet.