« Recht auf Bucheinsicht bei der GmbH | Home | Anmeldung der Abtretung eines GmbH-Anteils zum Firmenbuch »
Insolvenzreform: Vorsorge gegen künftigen Konkurs eines Mitgesellschafters
von Dr. Lukas Fantur | 21. April 2010
In vielen GmbH-Gesellschaftsverträgen sind Aufgriffsrechte der übrigen Gesellschafters für den Fall des Konkurses eines Mitgesellschafters vorgesehen. Mit der Insolvenzreform 2010 werden solche Aufgriffsrechte 6 Monate lang nicht ausgeübt werden können, so eine aktuelle Befürchtung.
Vorschlag für Ausweg
In der „Presse“ hat Fellner nun skizziert, wie gegen diese möglicherweise mit der Insolvenzreform einhergehende Auflösungssperre vertraglich vorgesorgt werden könnte:
Übergabsverträge auf den Insolvenzfall
Sämtliche Gesellschafter schließen demnach zusätzlich zum Gesellschaftsvertrag
• Übergabsverträge auf den jeweiligen Insolvenzfall in Notariatsaktsform
• unter Widerrufsverzicht und
• gegen Aushändigung von Vertragsausfertigungen
• zu einem bereits vorbestimmten oder zumindest durch einen Sachverständigen bestimmbaren Abtretungspreis.
Automatische Abtretung statt Aufgriffsrecht
Im Fall der Insolvenzeröffnung über einen Gesellschafter würde die Abtretung dessen Geschäftsanteils damit mit Beginn des Tages der Insolvenzeröffnung stattfinden (§ 903 ABGB). Die Abtretung würde erfolgen, ohne dass es einer weiteren Rechtshandlung bedürfe.
Der Masseverwalter hätte dann noch die Möglichkeit, von diesem Übergabsvertrag zurückzutreten, wenn der Abtretungspreis im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung
• noch nicht vollständig bezahlt oder
• noch nicht treuhändig hinterlegt sein sollte.
Vorsorgliche Hinterlegung des Abtretungspreises
Für den Fall, dass sich der Konkurs eines Mitgesellschafters abzeichnet, empfiehlt Fellner deshalb, den Kaufpreis für den Geschäftsanteil vorsichtshalber bei einem Treuhänder zu hinterlegen. Damit hätten die Erwerber ihre Vertragspflichten erfüllt, und ein Rücktritt des Masseverwalters wäre ausgeschlossen.
Quelle: Fellner, Wenn ein Mitgesellschafter pleitegeht, DiePresse.com 18.04.2010
Fazit
Die Insolvenzreform 2010 bringt ungewollte Rechtsunsicherheit ins Gesellschaftsrecht, insbesondere ins GmbH Recht:
- Ist die künftige Auflösungssperre auf Gesellschaftsverträge anwendbar?
- Wenn ja, ist das oben beschriebene Modell eine rechtssichere Lösung, oder könnte darin eine unzulässige Umgehung erblickt werden?
Rechtstreitigkeiten scheinen vorprogrammiert.
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt GmbH-Recht.
- Aufgriffsrechte auf GmbH-Anteil im Gesellschafter-Konkurs: Analogie zu Vinkulierungen?
- Aufgriffsrecht für den Fall des Gesellschafter-Konkurses
- GmbH-Kündigung: Abfindung eines hinausgekündigten GmbH-Gesellschafters
- Kritisches zur künftigen Insolvenzantragspflicht für GmbH-Gesellschafter
- Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten des Insolvenzverwalters
- EU-widrige Gesellschafter-Haftung für Insolvenz-Anlaufkosten und Kommunalsteuer
- Gesellschafter-Konkurs: Aufgriffsrecht im Gesellschaftsvertrag?
- Geschäftsführerhaftung für Fehlinvestments von neuen Gesellschaftern
- Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Masseverwalters
- Wird die Notariatsaktspflicht bei GmbH-Gründungen abgeschafft?
Themen: GmbH, GmbH-Anteile, Insolvenz | 0 Kommentare »