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Stock-Options bei der GmbH | Mitarbeiterbeteiligung
von Dr. Lukas Fantur | 2. Februar 2009
Zusage an Arbeitnehmer, ihn an der Dienstgeber-GmbH zu beteiligen
Die Zusage an einen Arbeitnehmer, ihn künftig an der Gesellschaft m.b.H. zu beteiligen, unterliegt nicht der Notariatsaktspflicht des § 76 Abs 2 GmbHG. So eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (16.5.2002, 8 Ra 127/02h).
Sachverhalt
Dem Dienstnehmer einer GmbH waren im Dienstvertrag Geschäftsanteile versprochen worden für den Fall, dass bestimmte geschäftliche Zielvorgaben erreicht würden.
Als die vereinbarten Bedingungen eingetreten waren, überlegte es sich der Dienstgeber (die GmbH) anders. Daraufhin forderte der Arbeitnehmer in seiner Klage u.a. den ihm im Dienstvertrag (formlos) versprochenen Geschäftsanteil ein.
Die beklagte GmbH berief sich jedoch in der Folge darauf, dass die Vereinbarung über die künftige Einräumung eines Geschäftsanteils nicht in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen worden war. Außerdem liege Unmöglichkeit (§ 878 ABGB) und daher Unwirksamkeit der Vereinbarung vor, da die GmbH ja gar keine Anteile an sich selbst besitze, die sie übertragen könnte.
Keine Notariatsaktspflicht für GmbH-„Stock Options“
Den Gesetzesmaterialen aus dem Jahr 1904 (236 BlG StnProt Herrenhaus, XVII. Session, 85) ist zu entnehmen, dass „die besonderen Formvorschriften“ (also die Notariatsaktspflicht) nur für Übertragungen durch den Gesellschafter gelten sollen. Für die Veräußerung eines Geschäftsanteiles durch die Gesellschaft (kraft eigenen Rechts) entfällt nach den Materialien hingegen jeder Grund für die Notariatsaktspflicht.
Unter Berufung auf die zitierten Gesetzesmaterialien kommt das OLG Wien zum Ergebnis, dass ein Arbeitnehmer der GmbH einen ihm im Dienstvertrag (formlos) versprochenen Geschäftsanteil einfordern kann. Das OLG Wien hält überdies fest, dass diesfalls sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft formlos erfolgen können.
Keine Unmöglichkeit
Selbst dann, wenn die GmbH zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht über die erforderlichen (eigenen) Geschäftsanteile verfügt – was der Normalfall ist – ist keineswegs von einer Nichtigkeit wegen Unmöglichkeit (§ 878 ABGB) auszugehen.
Das OLG Wien verweist auf die grundsätzliche Möglichkeit der Gesellschaft, den gegenwärtig nicht vorhandenen Geschäftsanteil bis zum Zeitpunkt der Übertragung an den Arbeitnehmer zu schaffen (zB Kapitalerhöhung). Ist sie dazu letztlich nicht in der Lage, kann der Arbeitnehmer seine Klage auf das Interesse umstellen.
Quelle: OLG Wien 16.5.2002, 8 Ra 127/02h
Vorsicht in der Praxis angebracht
Die Entscheidung des OLG Wien blieb unbekämpft, sodass der Oberste Gerichtshof keine Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt.
Im entschiedenen Fall war der Geschäftsführer, welcher dem Arbeitnehmer die „Stock Option“ an der GmbH versprach, auch deren Alleingesellschafter. Aus der Begründung des OLG Wien geht aber keineswegs hervor, dass dies für die Entscheidung des OLG Wien im vorliegenden Fall ausschlaggebend gewesen wäre.
Bis zu einer endgültigen höchstgerichtlichen Klärung ist aus Sicht von GmbH-Dienstgebern bei formlosen Erklärungen gegenüber Mitarbeitern betreffend Mitarbeiterkapitalbeteiligungen größte Vorsicht geboten.
nach oben | Der Autor: Rechtsanwalt Wien Dr. Lukas Fantur
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Themen: GmbH, GmbH-Anteile | 0 Kommentare »
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