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Kritisches zur künftigen Insolvenzantragspflicht für GmbH-Gesellschafter
von Dr. Lukas Fantur | 22. Juni 2013
Mit der bevorstehenden GmbH-Reform soll in § 69 der Insolvenzordnung (IO) ein Absatz 3a eingefügt werden, der wie folgt lautet:
„(3a) Hat eine inländische oder ausländische Kapitalgesellschaft keine organschaftlichen Vertreter, so trifft die Verpflichtung nach Abs. 2 den Gesellschafter, der mit einem Anteil von mehr als der Hälfte am Stammkapital beteiligt ist. Abs. 3 letzter Satz gilt sinngemäß.“
Bei Führungslosigkeit der Gesellschaft trifft daher den Mehrheitsgesellschafter eine persönliche Insolvenzantragspflicht nach § 69 Absatz 2 IO. Bei Vorliegen der allgemeinen Insolvenztatbestände der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung hat dieser Gesellschafter somit fristgerecht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
Haftung
Es liegt auf der Hand, dass für den Fall der nicht oder nicht rechtzeitig erfolgten Antragstellung die von der Judikatur für Geschäftsführer entwickelten Grundsätze der persönlichen Haftung für Konkursverschleppung auch auf antragspflichtige Gesellschafter eine entsprechende Anwendung finden werden.
Zu dieser Neuregelung habe ich einen kritischen Artikel in der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht verfasst.
Keine Rücksicht auf mangelnde Handlungsmöglichkeiten
Darin kritisiere ich insbesondere, dass keine Rücksicht auf mangelnde Handlungsmöglichkeiten genommen wird. Auch wenn der Mehrheitsgesellschafter z.B aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelungen trotz seiner Kapitalbeteiligung von mehr als der Hälfte am Stammkapital aufgrund einer bereits vorhandenen gesellschafts- oder syndikatsvertraglichen Gestaltung gar nicht die Möglichkeit hat, die Führungslosigkeit der Gesellschaft zu beenden, soll er zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung verpflichtet sein.
Rückwirkender Eingriff bei Gesellschaftern von „Altgesellschaften“
Besonders befremdet, dass die Neuregelung auch für Gesellschafter von „Alt-Gesellschaften“ gelten soll, die aufgrund ihrer bereits bestehenden Satzung oder aufgrund anderer, etwa syndikatsvertraglicher Vereinbarungen rechtlich und faktisch gar nicht die Möglichkeit haben, den Zustand der Führungslosigkeit der Gesellschaft zu beenden und einen Geschäftsführer zu bestellen.
Sie werden vom Gesetzgeber – die Erläuterungen halten dies ausdrücklich fest – gleichermaßen in die Pflicht genommen, ohne dass sie an dieser Situation, in die sie der Gesetzgeber überraschend nunmehr nachträglich versetzt, etwas ändern zu können.
Zum Artikel in der Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (PDF, 79 KB).
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt Gesellschaftsrecht, insbesondere Beratung und Vertretung im GmbH-Recht.
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Themen: Insolvenz | 0 Kommentare »