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BGH zu Anspruch auf Verdienstausfall einer GmbH, wenn Geschäftsführer an Gerichtstermin teilnehmen muss
von Dr. Lukas Fantur | 5. Januar 2009
Einer juristischen Person kann wegen der Teilnahme ihres Geschäftsführers an einem Gerichtstermin ein Anspruch auf Verdienstausfall zustehen, entschied der Deutsche Bundesgerichtshof (BGH).
Entschädigung wegen Zeitversäumnis bzw. Verdienstausfall
Einer juristische Person, die sich bei einem Gerichtstermin durch einen Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter vertreten lässt, könne eine Entschädigung wegen der Zeitversäumnis bzw. des Verdienstausfalls durch die Teilnahme an einem solchen Termin zugebilligt werden.
Eine Prozesspartei soll im Umfang ihres Obsiegens von den Nachteilen freigestellt werden, die ihr aufgrund ihrer Teilnahme am Rechtsstreit entstanden sind. Dies gelte auch für den terminsbedingten Zeitaufwand, der dem Geschäftsführer durch die Teilnahme an einem Gerichtstermin entsteht.
Geschäftsführer soll wirtschaften, nicht prozessieren
Die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters sei es in erster Linie, die Erzielung des erstrebten Unternehmensgewinns durch entsprechende Betätigung im Rahmen des Gegenstands des Unternehmens zu fördern, nicht aber Unternehmensgewinne dadurch zu verdienen, dass ein Prozess geführt wird.
Teilnahme am Gerichtstermin ist wirtschaftlicher Nachteil für die Gesellschaft
Fällt die Arbeitskraft des Geschäftsführers für seine eigentliche unternehmerische Aufgabe zeitweise aus, weil er für die vertretene Gesellschaft an Gerichtsterminen teilnehmen muss, stelle sich dies bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise für die Gesellschaft als Nachteil dar, für den sie nach Maßgabe des § 22 des deutschen Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) – wie eine natürliche Person, die als Partei persönlich am Termin teilnehmen muss – eine Entschädigung verlangen könne.
Kein konkreter Verdienstausfall nachzuweisen
Nicht erforderlich sei es, dass ein konkreter Verdienstausfall nachgewiesen ist.
Es reiche vielmehr aus, dass die Zeitversäumnis einen messbaren Nachteil für die Partei mit sich bringt, was bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Teilnahme eines Geschäftsführers an einem Gerichtstermin regelmäßig anzunehmen sei.
Es sei nämlich zu berücksichtigen, dass es einem Wirtschaftsunternehmen schwerlich möglich sein wird, die durch Abwesenheit des Geschäftsführers entstehenden konkreten finanziellen Nachteile im Einzelnen zu quantifizieren.
Für die Zwecke des Kostenfestsetzungsverfahren reiche es daher im Regelfall aus, sich am regelmäßigen Bruttoverdienst zu orientieren.
Anlassfall
Die Klägerin hat gegen die Beklagten ein rechtskräftiges Endurteil erwirkt, nach dem die Beklagten als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens beantragte die Klägerin, den Verdienstausfall ihres Geschäftsführers für die Teilnahme an zwei Verhandlungsterminen festzusetzen. Zu diesen Terminen hatte das Amtsgericht das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet.
Quelle: Deutscher Bundesgberichtshof, Beschluss vom 02.12.2008 – VI ZB 63/07
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