« Aufstellung und Übersendung des Jahresabschlusses bei der GmbH | Home | Beendigung des Anstellungsverhältnisses des GmbH-Geschäftsführers »
Jahresabschluss: Unschuldsvermutung für Geschäftsführer im Zwangsstrafenverfahren wegen Verletzung der Offenlegungspflicht
von Dr. Lukas Fantur | 7. Oktober 2011
Zwangsstrafenverfahren: Das Oberlandesgericht Wien hat in einer aktuellen Entscheidung grundlegende Aussagen zum neuen Zwangsstrafenverfahren bei der Verletzung von Pflichten zur Offenlegung des Jahresabschlusses getroffen.
Kein ausreichender Platz auf dem Einspruchsformular
Die von einer Zwangsstrafenverfügung betroffenen Parteien – besonders wenn sie nicht anwaltlich vertreten sind – müssen nicht schon im Einspruch den lückenlosen und schlüssigen Nachweis eines sie an der Offenlegung hindernden unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses erbringen.
Dies schon in Hinblick auf den begrenzten Platz auf dem von der Justiz zur Verfügung gestellten Einspruchsformular.
Unschuldsvermutung gilt auch hier
Im Sinne der Unschuldsvermutung ist nicht zu unterstellen, dass die Geschäftsführer nicht alles unternommen haben, um die rechtzeitige Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten zu gewährleisten.
Firmenbuchgericht muss Erhebungen anstellen
Es ist Sache des Firmenbuchgerichts, dies sowie alle übrigen Sachverhaltselemente durch geeignete Erhebungen im ordentlichen Verfahren zu klären.
Quelle: OLG Wien 03.08.2011, 4 R 316/11m
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien. Langjähriger hauptsächlicher Schwerpunkt meiner Tätigkeit ist das GmbH-Recht, insbesondere die Beratung und Vertretung im Gesellschafterstreit.
- Jahresabschluss: Keine Auswirkung unklarer Bilanzierungsfragen auf Offenlegungspflicht
- Jahresabschluss: Zwangsstrafenverfahren zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht auf dem Prüfstand des EU-Rechts
- Offenlegungspflicht auch für Liquidationsschlussbilanz
- Unmöglichkeit der Erfüllung der Offenlegungspflicht
- Angabe der Vorjahreszahlen im Jahresabschluss
- Jahresabschluss: Zwangsstrafen zur Erzwingung der Offenlegung
- Jahresabschluss: Hinderung an fristgerechter Offenlegung
- Jahresabschluss: Härtere Sanktionen bei Verletzung der Offenlegungspflicht gefordert
- Verletzung der Offenlegungspflicht: Künftig alle zwei Monate ein Strafmandat
- Anfechtbarkeit des Jahresabschlusses wegen Verletzung des Bucheinsichtsrechts
Themen: Jahresabschluss | 1 Kommentar »
27. März 2012 um 06:54
In einer aktuellen Entscheidung entschied der Oberste Gerichtshof nunmehr anders: Im Zwangsstrafenverfahren wegen Verletzung der Offenlegungspflichten gilt die Unschuldsvermutung demnach doch nicht. Das Firmenbuchgericht ist nicht verpflichtet, Erhebungen zu den möglichen Hinderungsgründen anzustellen.
Die gegenteilige Judikatur des OLG Wien wurde damit verworfen. Quelle: OGH 21.12.2011, 6Ob234/11x