« GmbH: Wann ist ein Notgeschäftsführer zu bestellen, wann ein Prozesskurator? | Home | Privatstiftung: Auskunftsanspruch des Begünstigten »
Privatstiftung: Abberufung eines Stiftungsvorstandes
von Dr. Lukas Fantur | 4. Januar 2012
Mit der Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung wegen Pflichtverletzungen hatte sich der Oberste Gerichtshof zu beschäftigen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Privatstiftung: Parteistellung im Verfahren über Abberufung von Vorstandsmitgliedern
Im Verfahren über die Abberufung eines Stiftungsvorstandsmitglieds kommt auch anderen Organmitgliedern Parteistellung zu, weil diese nicht dem Schutz von Individualinteressen, sondern dem Ausgleich eines bei der Privatstiftung bestehenden strukturellen Kontrolldefizits dient.
Daher können die Vorstandsmitglieder nicht nur die Bestätigung ihrer eigenen Abberufung, sondern auch diejenige der anderen Vorstandsmitglieder bekämpfen.
Auch der Privatstiftung kommt im Verfahren über die Abberufung von Stiftungsorganen Parteistellung zu.
Privatstiftung: Gerichtliche Abberufung eines Mitglieds des Stiftungsvorstandes
Das Gericht hat ein Mitglied eines Stiftungsorgans
- auf Antrag oder
- von Amts wegen
abzuberufen, wenn die
- die Stiftungserklärung vorsieht oder
- sonst ein wichtiger Grund vorliegt.
Als wichtiger Grund gilt insbesondere
- eine grobe Pflichtverletzung,
- die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben,
- die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds,
- die Abweisung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens sowie
- die mehrfache erfolglose Exekution in dessen Vermögen.
Privatstiftung: Geringe Anforderungen für Abberufung
Mit Rücksicht auf die bei der Privatstiftung fehlenden Kontrollmechanismen den Anforderungen ist für die Abberufung kein strenger Maßstab zugrunde zu legen.
Privatstiftung: Verweigerung von Informationsrechten als Abberufungsgrund
Ein Verstoß gegen die dem Stiftungsvorstand nach § 30 Abs 1 PSG obliegenden Verpflichtungen können eine grobe Pflichtverletzung bilden, die zur Abberufung des die Mitwirkung zu Unrecht verweigernden Organmitglieds führen kann.
Wenn die Vorinstanzen in der insgesamt neunmonatigen Verweigerung der Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung und in der Weigerung, entgegen der Stiftungsurkunde bei Erreichen des 80. Lebensjahres das Vorstandsmandat niederzulegen und für eine Ergänzung des Vorstands zu sorgen, wodurch die Vorstandsmitglieder mehr als ein Jahr lang den in der Stiftungserklärung dokumentierten Willen des Stifters beharrlich verletzt haben, einen Abberufungsgrund erblickten, so ist darin keine Fehlbeurteilung zu erblicken.
Quelle: OGH 16.06.2011, 6 Ob 82/11v
GES 2011, 331
Über mich
Ich bin Rechtsanwalt in Wien. Über mich.
- Privatstiftung: Gerichtliche Abberufung des Stiftungsvorstandes
- Privatstiftung: Gerichtliche Genehmigung von Geschäften mit Mitgliedern des Stiftungsvorstandes
- Unvereinbarkeiten mit dem Mandat eines Stiftungsvorstandes
- Rechtsberater im Vorstand einer Privatstiftung: Prüfung auf Unvereinbarkeit durch Firmenbuchgericht
- Privatstiftung-Vorstand: Abberufung durch Gericht aus wichtigem Grund
- Privatstiftung: Widerrufs- und Änderungsrecht des Stifters
- Privatstiftung: Auskunftsanspruch des Begünstigten
- Privatstiftung: Kein Auskunftsanspruch von aufschiebend bedingt oder befristeten Begünstigten
- Privatstiftung: Prüfung von Konzernabschluss
Themen: Privatstiftung | 0 Kommentare »